Norderstedt. Auch die zweite Auflage des kleinen Festivals der Künste im Stadtpark Norderstedt kam gut an. Welche Acts besonders beeindruckten.

Man(n) nehme: eine Bratpfanne, zehn Eier, vier Fackeln, fünf Keulen, eine Leiter, eine Kettensäge, einen Fuchsschwanz, fünf Bälle, ein Hochrad und würze das Ganze mit jeder Menge spontaner Einfälle und starken Sprüchen. Fertig ist der artistische Comedian Jens Ohle.

Mit diesem Rezept begeisterte der „Ich bin Mitte 50“-Mann im Stadtpark Norderstedt rund 200 Zuschauerinnen und Zuschauer vom Baby bis zur Urgroßmutter am Sonntag beim zweiten Norderstedter Kultursommer auf der Bühne im Innenhof des Kulturwerks.

Stadtpark Norderstedt: Die kleinen und großen Norderstedter waren mit Begeisterung bei der Sache

Zwischen seinen Kunststücken ließ er jede Menge nette bis unverschämte Sprüche von der Leiter, holte sich „Assistenten“ wie Matthias und Isabel aus dem Publikum, scheuchte Kinder und ließ teils dreiste Spitzen gegen Großväter ab. Doch das Publikum keilte auch zurück: „Ich kann auch Bauchtanz“, meinte Jens Ohle. „Lieber nicht“, antwortete eine Zuschauerin spontan.

So intensiv wie bei Jens Ohle reagierte das Publikum auch bei anderen Shows des diesjährigen Kultursommers, beispielsweise als Jury beim „Kampf der Künste – Poetry Slam“ am Sonnabend bei eisig pfeifendem Wind.

Stadtpark Norderstedt: Viel Beifall gab es für die Poetry Slammer

Die Sieger-Trophäe, eine drei Kilo Hantel, holte sich Rebecca Heims aus Bochum. Sie trug gereimte Beobachtungen aus einem Bochumer Café vor, schnell und gut verständlich gesprochen, mit sinnvollen Zäsuren, gesellschaftskritisch, teils sogar philosophisch.

Rebecca Heims ist die Siegerin des Dichter-Wettstreits.
Rebecca Heims ist die Siegerin des Dichter-Wettstreits. © Heike Linde-Lembke | Heike Linde-Lembke

In ihrem zweiten Text ging sie mit ihrem Großvater auf eine Reise zurück in seine Vergangenheit vom Westen nach Sachsen-Anhalt. Wieder hörte das Publikum ihr gebannt zu und erfuhr, wie der Großvater erstmals einen Kugelschreiber sah, wie die Wende kam und alles erst einmal kaputt machte – ein guter, ein ernster Text. Ein Text, der Rebecca Heims dank des langen und intensiven Beifalls zur Siegerin des Poetry Slams machte. Dass das Publikum ausgerechnet diese anspruchsvollen Texte kürte, zeigt, dass Seichtes und Selbstverliebtes, auf Ablachen und Witz Getrimmtes nicht immer aufs Siegertreppchen hilft.

Poetry Slam: Dichter-Wettstreit gewann Rebecca Heims

Fünf Slammerinnen und Slammer buhlten um den Dichtersieg. Zehn Minuten hatten sie jeweils Zeit, ihre Texte nach den Poetry-Slam-Regeln vorzutragen, versiert durchs Programm geleitet von Moderatorin Anneke Schwarch vom Hamburger Label „Kampf der Künste“, für die Musik sorgte Gitarrist Dom van Deyk. In den Jury-Pausen versorgten sich die Kultursommer-Gäste mit kalten Getränken und heißer Wurst, serviert von Oberbürgermeisterin Elke-Christina Roeder, seit neustem auch Geschäftsführerin der Mehrzwecksäle GmbH (MeNo) und Mit-Veranstalterin des Kultursommers.

Begonnen hatte der zweite Kultursommer-Sonnabend mit Toto Lightman und seinem Kinderchor, die für den Verein „Eine Welt für Alle“ auf die Bühne kamen. Der internationale Kinder-Chor ist schon beim Bundespräsidenten und in der Hamburger Elbphilharmonie aufgetreten. Mit fröhlich-charismatisch gesungenen Cover-Songs und rhythmusrasanten Liedern aus Afrika eroberten sie die Herzen des Publikums. Totos Ehefrau Bernarda holte die Kinder zum Tanzen und Mitsingen vor und auf die Bühne, und Chormitglied „Hexe“ haute kräftig und mit viel Talent auf die Trommel.

Toto Lightman und sein Kinderchor begeisterten das Publikum im Norderstedter Stadtpark.
Toto Lightman und sein Kinderchor begeisterten das Publikum im Norderstedter Stadtpark. © Heike Linde-Lembke | Heike Linde-Lembke

Stadtpark Norderstedt: Zum Auftakt des Festivals spielte Abi Wallenstein

Am Freitagabend gab es ein Wiedersehen und -hören mit dem Blues-Musiker Abi Wallenstein, der bereits seit mehreren Jahrzehnten in Norderstedt aufspielt, zuerst in der damaligen Künstlerkneipe „Kuckucksei“ an der Ulzburger Straße bei Wirtin Hildegard Waack. Abi Wallenstein ist in Jerusalem geboren, lebt in Hamburg, und wer Glück hat, trifft ihn dort mit Gleichgesinnten als Straßen-Musikant an – der Blues muss unter die Leute.

Insgesamt war der zweite Norderstedter Kultursommer noch erfolgreicher als der erste im vorigen Jahr, der unter dem Coronavirus litt. Fast alle Open-Air-Veranstaltungen waren gut besucht, und das Publikum hofft jetzt auf einen dritten Norderstedter Kultursommer im kommenden Jahr.