Bad Bramstedt/Hamburg. Wie Kriminelle eine Hamburgerin so unter Druck setzten, dass sie glaubte, die Tochter brauche dringend Hilfe.

Die Serie der Betrügereien bei Senioren reißt nicht ab: In Bad Bramstedt übergab eine 80-jährige Hamburgerin 25.000 Euro an einen Unbekannten. Zuvor hatten sich Personen bei der Frau gemeldet, die sich als ihre Tochter, als Polizistin und als Staatsanwältin ausgaben. Trotz intensiver Ermittlungen der Polizei und einer Fahndung nach dem Unbekannten bleibt das Geld verschwunden.

Am späten Vormittag des Mittwochs hatte eine Frau bei der Hamburgerin angerufen und sich als ihre Tochter ausgegeben. Unter Tränen berichtete sie, das „etwas Schlimmes“ passiert sei. Dann übernahm eine Frau das Gespräch, die sich als Polizisten einer Dienststelle am Wohnort der Tochter in Niedersachsen ausgab.

Falsche Polizisten: Betrüger nehmen Seniorin 25.000 Euro ab

Sie sagte der 80-Jährigen, die Tochter habe einen Fußgänger angefahren und dabei getötet. Danach sei die Fahrerin geflüchtet. „Die falsche Beamtin verlangte die Handynummer der Hamburgerin, damit die zuständige Staatsanwältin mit ihr in Verbindung treten könne“, sagte Polizeisprecher Lars Brockmann. Mit der Tochter könne die 80-Jährige jetzt nicht mehr sprechen, weil sie von einem Notarzt versorgt werde.

Kurz darauf meldete sich die falsche Staatsanwältin auf dem Handy und bot die Freilassung aus der Untersuchungshaft der Tochter gegen die Zahlung einer Kaution an. Nach Rücksprache mit Rechtsanwalt und Richter belaufe sich die Summe auf 75.000 Euro. Die Betrüger überzeugten die Seniorin, die jedoch nur 25.000 Euro aufbringen konnte.

Polizei: Betrügerin gibt sich auch als Staatsanwältin aus

Brockmann: „Während die 80-Jährige das Geld aus einem Schließfach abholte, hielten die Betrüger ständig den Kontakt, um den Druck auf die Frau hoch zu halten und überwachen zu können.“

Dann forderten die Täter die Frau auf, ins Auto zu steigen. Sie lotsten die 80-Jährige mit dem Geld über die Autobahn 7 zur König-Christian-Straße in Bad Bramstedt. Dort stehe angeblich das Amtsgericht, tatsächlich handelt es sich bei dem Gebäude um das Amt Bad Bramstedt-Land. Auf dem gegenüberliegenden Parkplatz der Erdgastankstelle sollte die Frau warten.

Polizei bittet um Hinweise: Wer hat den Abholer gesehen?

„Vermutlich zwischen 14 und 15 Uhr trat der angebliche Abholer an die Geschädigte heran, die ihm das Bargeld in mehreren Briefumschlägen übergab“, sagte Brockmann. „Der Bote steckte das Geld in eine Umhängetasche und entfernte sich in Richtung Famila.“

Kurz darauf meldete sich die echte Tochter bei der Hamburgerin. Der Betrug flog auf. Die Frauen riefen die Polizei, die trotz einer Fahndung mit mehreren Streifenwagenbesatzungen den Abholer nicht finden konnten.

Kriminalpolizei Bad Segeberg: Ermittlungen laufen

Der Mann ist zwischen 30 und 35 Jahre alt, 1,70 und 1,75 Meter groß und dick. Er hatte dunkle, kurze glatte Haare und blasse Haut. Der Unbekannte trug ein hellblaues Polo-Shirt mit einem kleinen Schriftzug im Brustbereich, eine dunkle, knielange, weitgeschnitten Hose und hatte eine braune Umhängetasche bei sich. Der Mann hat dunkle Augen und ein rundes Gesicht.

Die Kriminalpolizei Bad Segeberg hat die Ermittlungen übernommen und sucht Zeugen der Geldübergabe, die Hinweise zur Fluchtrichtung des Unbekannten geben können. Die Ermittler bitten um Informationen unter 04551/8840.

Falsche Polizistin am Telefon sind ein bundesweites Phänomen

Nach dieser Tat warnt die Polizei erneut vor betrügerischen Anrufen. „Derartige Anrufe sind ein bundesweites Phänomen, das oftmals durch überörtliche Täter begangen wird. Unbekannte Anrufer versuchen immer wieder, mittels dieser Masche an Bargeld und Wertgegenstände zu kommen“, sagte Brockmann.

Die Täter schaffen es, ältere Menschen am Telefon zu verunsichern oder zu verängstigen. Viele sind dann nach Berichten der Polizei breit, Bargeld oder Wertsachen an die Kriminellen zu übergeben. Häufig werden die Täter am Telefon aufdringlich oder betteln um Hilfe. Oftmals verfügen die Betrüger sogar über Detailwissen und verunsichern Bürger dadurch enorm. Die Zielrichtung ist dabei immer dieselbe: Die Opfer sollen Bargeld besorgen und den Betrügern übergeben.

Senioren sollten sich bei der Polizei beraten lassen

Die Polizei ruft insbesondere ältere Menschen dazu auf, bei derartigen Anrufen hellhörig zu werden und umgehend die Polizei zu informieren. Darüber hinaus rät die Polizei jüngeren Familienangehörigen, ihre älteren Verwandten und Bekannten für das Thema zu sensibilisieren. Wer sich beraten lassen möchte, kann sich an seine örtliche Polizeidienststelle oder an das Sachgebiet Prävention der Polizeidirektion wenden, die in Bad Segeberg unter 04551/8842141 zu erreichen.

Weitere Sicherheitstipps für Senioren sind im Bereich der Prävention auf der Homepage der Landespolizei Schleswig-Holstein zu finden und auf der Internetpräsenz der Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes.