Henstedt-Ulzburg. Nach einem Urlaub 2020 erhält Anja die Diagnose Leukämie. Für die Hobbysurferin beginnt nun der Kampf ums Überleben.

Es begann Ende Mai 2020. Anfangs nur als ein latentes Gefühl, ein ungekanntes Unwohlsein. Anja aus Henstedt-Ulzburg war mit ihrem Verlobten Bodo und ihrer Mutter an einem Ostseestrand in der Nähe von Rostock. Sie ist begeisterte Hobby-Windsurferin, seitdem sie die Sportart 2017 bei einem Urlaub auf Mallorca kennengelernt hatte. Eine frische Brise, ein Brett unter den Füßen, die Wellen vor Augen. Es gibt nichts Schöneres für sie. „Damals wollte ich vor allem meine Balance auf dem Board verbessern“, so erinnert sie sich an das Frühjahr vor zwei Jahren. „Auf den Ausflug ins Surfcamp hatte ich mich schon tagelang gefreut.“

Nach einem Surf-Urlaub erhielt sie die Diagnose

Doch gut fühlte sie sich eben nicht. Bei der Arbeit war sie schwach, abgeschlagen, kam zuhause kaum noch die Treppen hoch. Sie konsultierte ihren Hausarzt, fuhr aber dennoch erst einmal an die Ostsee. „Der Surfkursus ist mir dann schon ziemlich schwergefallen. Im Auto rief dann vor der Rückfahrt mein Arzt an.“ Sie sollte auf dem schnellsten Weg in ein Krankenhaus, sagte der Mediziner. Dann brach eine Welt zusammen, als Anja die Diagnose erhielt: Leukämie, Blutkrebs also. „Ich war von dieser Nachricht total geschockt. Ich hatte nie zuvor daran gedacht, dass ich so etwas bekommen könnte.“

Im Vergleich zu anderen Krebserkrankungen ist Leukämie eher selten. Betroffen ist das blutbildende System, wobei Ursachen, Behandlungsarten und Heilungschancen unterschiedlich sein können. Ein typisches Merkmal ist ein stark erhöhter Wert an weißen Blutkörperchen. Anzeichen sind auch Anämie, Infektionen oder erhöhte Neigungen zu Blutungen. Pro Jahr erkranken in Deutschland etwa 13.700 Menschen an Leukämie. Die meisten sind zwischen 60 und 70 Jahren alt, es sind mehr Männer als Frauen.

Nur eine Stammzelltransplantation würde helfen

Hobby-Surferin Anja bei ihrer liebsten Freizeitbeschäftigung – auf dem Brett im Wasser.
Hobby-Surferin Anja bei ihrer liebsten Freizeitbeschäftigung – auf dem Brett im Wasser. © DKMS/Privat

Anja wurde im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf stationär aufgenommen. Dort erklärte man ihr, dass sie eine besondere Form der Erkrankung habe: die Akute Myeloische Leukämie (AML). Eine Stammzelltransplantation sei die letzte Hoffnung. „Ich wusste, dass ich zwar selbst die Herausforderung annehmen musste, aber auch von der Hilfe eines anderen Menschen abhängig bin.“ Sie war zuversichtlich, dass sich eine Spenderin oder ein Spender finden würde. Bis dahin unterging sie einer Chemotherapie. „Die habe ich gut vertragen, konnte mich auch während der Behandlung fit halten. Auf dem Ergometer habe ich sogar einmal 35 Kilometer geschafft, da waren auch die Ärzte beeindruckt.“

Dann klingelte am 21. Juli 2020 das Telefon. Das UKE meldete sich – mit einer Nachricht, die Zuversicht weckte. Eine potenzielle Stammzellspenderin sei gefunden. „In diesem Moment konnte ich mein Glück kaum fassen. Nach dem Schock der Diagnose und den anstrengenden Wochen in der Chemotherapie war das eine unglaubliche Erleichterung.“

Die anonyme Spenderin: eine 30-jährige Frau aus Deutschland

Anja mit ihrem Verlobten Bodo. Beide rufen dazu auf, sich bei der DKMS registrieren zu lassen.
Anja mit ihrem Verlobten Bodo. Beide rufen dazu auf, sich bei der DKMS registrieren zu lassen. © DKMS/Privat

Die nächsten Wochen vergingen schnell. Knapp einen Monat darauf erhielt sie die Spende. Diesen Tag feiert sie heute wie einen zweiten Geburtstag. Wer die Spenderin war, weiß sie nicht. Es besteht eine zweijährige Anonymitätsfrist, die im kommenden August abläuft. Gerne würde sie die Person dann kennenlernen. Anja weiß nur, dass es eine 30 Jahre alte Frau aus Deutschland ist. „Ich bin ihr so dankbar, denn ohne sie wäre ich heute nicht hier.“ Kurz nach der Behandlung hatte sie einen gesundheitlichen Rückschlag erhalten, fiel wegen eines Kaliummangels nach der Transplantation kurzzeitig in ein Koma. Mittlerweile geht es ihr wieder besser, berichtet sie. Und denkt längst wieder an das Windsurfen. „Ein neues Brett hatte ich mir kurz vor dem Ausbruch der Leukämie gekauft. Das wartet in der Garage nur darauf, endlich aufs Wasser zu kommen.“

Bald will Anja wieder surfen

Anlässlich des heutigen World Blood Cancer Day am 28. Mai ist sie zu Gast beim Mercedes-Benz Surf-Festival auf Fehmarn, wo die DKMS Charity-Partner ist. Dort erzählt Anja von ihrer Krankheit, von ihren Erfahrungen, von der Hoffnung, die ihr durch die Spende eines fremden Menschens geschenkt wurde. Ihre dingende Bitte an jüngere Menschen: „Lasst euch am besten noch heute bei der DKMS registrieren und werdet so vielleicht zur Lebensretterin oder zum Lebensretter. Aufeinander achten und Teamgeist beweisen, das kennen wir vom Sport, es macht das Leben so vieler Menschen so viel besser. So wie meines.“

Mehr Infos: www.dkms.de