Bad Segeberg. Warum die Kirchengemeinde nun auf einen Schlag eines der kostspieligsten Projekte ihrer Geschichte umsetzen kann.

Der warme Geldsegen für die evangelisch-lutherische Gemeinde Bad Segeberg und die Marienkirche kam pünktlich zu Christi Himmelfahrt und kurz vor Pfingsten: Das Land Schleswig-Holstein wird exakt 799.523 Euro überweisen. Einen Gutteil also der Kosten in Höhe von 1.859.381 Euro, die für die neue Orgel in der Marienkirche Bad Segeberg ausgegeben werden sollen.

Die Gemeinde und sein Förderverein hatten in den vergangenen Jahren fleißig Spenden gesammelt für das Vorhaben – das Herzstück der Sanierung und Neugestaltung des Kirchenraumes der über 850 Jahre alten Backsteinkirche mit ihrer dreischiffigen Basilika im romanischen Stil. Die Marienkirche ist eine der ältesten ihrer Art in ganz Nordeuropa.

Wenn die Orgel steht, kommt das Schleswig-Holstein-Musikfestival

Der Neubau der speziell für das Kirchenschiff entworfenen Orgel soll in Verbindung mit einer optimalen räumlichen Positionierung das Klangerlebnis in der Marienkirche erheblich verbessern. Wenn das Instrument eingebaut wurde, will das Schleswig-Holstein-Musikfestival die Marienkirche also Spielort in ihr Festival mit internationalen Künstlern einbinden.

Das Geld für die Orgel nimmt das Land aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER). Innenministerin Sabina Sütterlin-Waack fördert neben der Segeberger Orgel sechs weitere Projekte im Land, die allesamt die ländliche Entwicklung in Schleswig-Holstein fördern sollen, etwa durch die Sicherung der Daseinsvorsorge, den Erhalt des kulturellen Erbes und durch ländlichen Tourismus.

Orgelmusik in Deutschland ist UNESCO-Weltkulturerbe

4,66 Millionen Euro insgesamt fließen ins Land, das Kabinett hat am 24. Mai zugestimmt. „Ich danke meinen Kabinettskolleginnen und -kollegen für die Zustimmung. Ich freue mich, dass wir mit der Mittelfreigabe einen Beitrag leisten, um die Zukunftsfähigkeit unserer ländlichen Räume weiter zu stärken“, sagte Sütterlin-Waack. Der Orgelbau in Bad Segeberg leiste einen Beitrag für die Orgelmusik in Deutschland, die von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurde. Sie ist somit Teil des immateriellen Kulturerbes der Menschheit.

In der Marienkirche ist die Zuteilung der EU-Mittel mit großer Freude aufgenommen worden. Zu verdanken hat die Gemeinde den Geldsegen wohl dem Vorsitzenden des Fördervereins der Kirche, Professor Asmus Hintz. Denn er war es, der den ELER-Fördertopf entdeckte und ihn mit Unterstützung von Einrichtungen, Behörden und der Aktivregion Holsteins Herz unter komplexen Bedingungen und mit viel Papierkram nun erfolgreich anzapfte.

Die alte Marcussen-Orgel war nicht mehr zu retten

Nötig geworden war der Neubau der Orgel in der Marienkirche, weil die ehemalige Marcussen-Orgel der Kirche aus dem Jahr 1873 unrettbar marode geworden war. Die mehrfach und teilweise minderwertig umgebaute Orgel hatte schließlich mangelhafte Pfeifen, deren Töne wahlweise dumpf oder schrill klangen. Es zeigte sich Zinnfraß an ihnen, das Stimmen war nahezu unmöglich.

Die neue Orgel soll dreimanualig sein und über 40 Register verfügen. Laut Kirchengemeinderat haben vier Orgel-Fachbetriebe Interesse am Bau der Orgel. Sie kämen aus Deutschland (2), Belgien und der Schweiz. Im Herbst soll der Zuschlag an einen Bewerber erteilt werden. Nach einer Bauzeit von etwa eineinhalb Jahren soll die Orgel bis 2024 stehen. Laut dem Rat werde das Instrument in Handarbeit in 50.000 Einzelteilen angefertigt und habe eine Haltbarkeit von etwa 300 Jahren. Kirchenmusikdirektor Andreas Maurer-Büntjen kann es sicher kaum erwarten, nach Fertigstellung und Einbau des Instruments die ersten Töne aus den Pfeifen zu holen.