jüdisches Familienfest

Norderstedt feierte Chanukka

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Heike Linde-Lembke
Sie spielten das Konzert zum Chanukka-Fest in der Paul-Gerhardt-Gemeinde: Das Ensemble „Neshama“ um Sängerin Christine Hutmacher

Sie spielten das Konzert zum Chanukka-Fest in der Paul-Gerhardt-Gemeinde: Das Ensemble „Neshama“ um Sängerin Christine Hutmacher

Foto: Heike Linde-Lembke

In der Paul-Gerhardt-Gemeinde wurde das jüdische Familienfest mit einem Konzert und leckeren Krapfen begangen.

Norderstedt.  Jüdinnen und Juden feierten in der vergangenen Woche das Chanukka-Fest. Es begann am 28. November nach Sonnenuntergang und endete am Sonntag, 6. Dezember. Und wer das Fest kennenlernen wollte, konnte am Sonnabend in Norderstedt mitfeiern – gemeinsam mit dem Verein Chaverim - Freundschaft mit Israel in der Paul-Gerhardt-Kirche.

An Chanukka-Abenden versammeln sich traditionell die jüdischen Familien mit Freunden zu ausgelassenen Festen. Gemeindefeiern sind üblich, die Kinder bekommen Geschenke und Süßigkeiten. Gegessen werden vor allem in Öl gebackene Speisen wie Sufganiyot (Krapfen) oder Latkes (Kartoffelpuffer) und weitere Spezialitäten der jüdischen Küche.

Ein feierlicher Moment ist das Anzünden der Kerze auf den Chanukkiot, den Chanukka-Leuchtern. An jedem Chanukka-Abend wird ein Licht mehr angezündet, immer von rechts nach links, so dass am letzten Abend alle acht Kerzen brennen. So auch in der Paul-Gerhardt-Gemeinde, als die siebte Kerze entzündet wurde. Die Chaverim-Vorsitzende Ayala Nagel sprach dazu das Chanukka-Dankgebet.

Der Chanukka-Leuchter erinnert mit seinen insgesamt acht Kerzen an das Tempelwunder 164 v. d. Z., an den Sieg der Makkabäer, der jüdischen Einwohner der Region Judäa in Israel (Westjordanland), über die Hellenen und die Wieder-Einweihung des jüdischen Tempels in Jerusalem. Die Juden fanden dort nur noch Leuchter-Öl für einen Tag vor, das aber reichte, bis sie den Tempel wieder hergerichtet und neues Öl gewonnen hatten – das Chanukka-Wunder.

Zum Chanukka-Fest gehört auch immer Musik. Beispielsweise eines der Treidel-Lieder, die für Kinder beim Wettspielen um Süßigkeiten mit dem Chanukka-Kreisel gesungen werden. Doch das Chanukka-Konzert in der Paul-Gerhardt-Gemeinde verzichtete auf sämtliche traditionellen Chanukka-Weisen. Es wurde zur Hymne auf die alte jüdisch-spanische Sprache Ladino, die kaum noch gesprochen, sondern nur noch in den alten Gedichten gepflegt wird. Viele davon hat das Ensemble „Neshama“ mit Sängerin Christine Hutmacher, Oboist David Kummer, der auch das historische Taragot spielte, Pianist Matthias Weiher, Bassist Thilo Plümer und Schlagzeuger Matt Zentrich vertont und den Inhalt lautmalerisch in Musik umgesetzt. „La Kaye de el Bezo“, „Tristeza Krepuskular“, „El Testigo“. Übersetzt heißen die Lieder „Die Gasse des Kusses“, „Traurigkeit in der Dämmerung“ und „Der Zeuge“, ein Liebeslied. Ladino ist die Sprache der Sepharden, der Jüdinnen und Juden, die im 15. Jahrhundert vor der Inquisition der katholischen Kirche in Spanien und Portugal in den Norden Europas flohen, viele auch ins damals dänische Altona und nach Hamburg. Die Sprache ist ein Gemisch aus Spanisch, Portugiesisch und Hebräisch.

Sängerin Christine Hutmacher aus Zürich begeisterte die knapp 50 Zuhörerinnen und Zuhörer mit ihrer warm leuchtenden Stimme, die vor allem auch in der hohen Lage ihren kraftvollen Ausdruck halten konnte. Zudem scheute sie sich nicht, die lyrischen, von Liebe und Sehnsucht, Träumen, Trauer und Tod, Naturbegeisterung und Lebensweisheiten geprägten Texte mit Empathie und Romantik zu gestalten. Sehr theatralisch kam beispielsweise das Lied „El Testigo – Der Zeuge“. In Esto Enamorada – Ich bin verliebt“ brachte die Zürcherin spanisches Feeling auf das Podium.

Dazu gesellte sich ebenso feinfühlig David Kummer aus Luzern mit Oboe, Englisch Horn und Taragot. Das Schweizer Duo ließ aber auch den Hamburger Kollegen am Flügel, Schlagzeug und Bass Raum für einige Soli.

Zum Schluss durfte das Publikum mitsingen, bevor das Ensemble sich mit den Zugaben „Tres son las Kosas – Drei Dinge sind es“ und „Vijita – Besuch“ verabschiedete, und das Publikum noch bei Wein und dem Chanukka-Gebäck Sufganiyot plauderte.

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