Kreis Segeberg

Konflikt in Kaltenkirchen: Naturidylle contra Wohnungsbau

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Wolfgang Klietz
Bürgerbegehren in Kaltenkirchen gegen geplantes Baugebiet Wiesendamm / Radensweg Rehe auf Wiese.

Bürgerbegehren in Kaltenkirchen gegen geplantes Baugebiet Wiesendamm / Radensweg Rehe auf Wiese.

Foto: Wolfgang Klietz

Bürgerinitiative möchte verhindern, dass im Gebiet an Wiesendamm und Radensweg neue Wohnhäuser entstehen.

Kaltenkirchen . Die Kühe muhen, Rehe springen über die Wiese, und der Wind rauscht durch die Bäume. Verständlich, dass die Bewohner am Stadtrand von Kaltenkirchen dieses Idyll in ihrer Nachbarschaft erhalten wollen. Verständlich ist aber auch, dass sich Menschen bei herrschender Wohnungsnot und steigenden Mieten auf ein neues Zuhause freuen, das hier im Osten der Stadt im Bereich von Wiesendamm und Radensweg entstehen soll. Ob es dazu kommen wird, ist jedoch offen. Eine Bürgerinitiative mit dem Namen „Lebenswertes Kaki“ hat sich zusammengefunden und will die Pläne der Stadt durchkreuzen.

Kaltenkirchen: Initiative will Grünflächen erhalten

„Die Fläche ist riesig, die Grünflächen müssen erhalten werden“, sagt Vera Eckert, Sprecherin von „Lebenswertes Kaki“. Die Initiative sammelt bei einem Bürgerbegehren Unterschriften für einen Bürgerentscheid, mit dem die Anwohner einen Stopp des Wohnbauprojekts erzwingen wollen. Um die 29 Hektar mit Wohnhäuser bebauen zu können, hat die Stadtvertretung bereits einen ersten wichtigen Schritt vollzogen und die Änderung des Flächennutzungsplans in die Wege geleitet. Ist dieses Verfahren vollzogen, könnten die Bebauungspläne entstehen, in denen Einzelheiten festgelegt werden. Zum Beispiel, wie hoch der Anteil der bebauten Fläche sein wird, ob nur Einfamilienhäuser oder auch Mehrfamilienhäuser entstehen und wie viele Geschosse die Gebäude haben soll.

Doch diese Pläne sollen nach dem Willen der Bürgerinitiative gar nicht erst entstehen. Vera Eckert und ihre Mitstreiter wollen die Festlegungen des Flächennutzungsplan rückgängig machen, der Grundlage für die Bauplanung wäre.

Immer mehr Menschen drängen in die Metropolregion

Der entstandene Konflikt ist typisch für die Metropolregion Hamburg, in der immer mehr Menschen leben wollen. Das in wenigen Jahren von 20.000 auf 24.000 gewachsene Kaltenkirchen verzeichnet – wie viele andere Kommunen auch – einen immer noch anhaltenden Ansturm von neuen Bürgern, die in die kleine Stadt ziehen wollen. Der Preis dafür ist die Bebauung immer neuer Flächen.

Wie viele Neubürger sich im Gebiet Radensweg/Wiesendamm niederlassen könnten, wird erst durch die Details im Bebauungsplan festgelegt. Doch die Initiative fürchtet schon jetzt, dass es mehr als 1000 werden könnten – mit erheblichen Folgen, die die Mitglieder auf die Stadt zukommen sehen. „Es geistern sehr viele Zahlen herum“, sagt Vera Eckert. Nicht nur, dass eine Fläche für die Naherholung von Spaziergängern, Radfahrern und Joggern verloren ginge. „Lebenswertes Kaki“ fürchtet außerdem deutlich mehr Autoverkehr, mehr Überflutungen durch die Versiegelung des Bodens in der Nähe der Ohlau und eine überlastete Infrastruktur.

„Schon jetzt fehlen Kita-Plätze in Kaltenkirchen, und wir haben zu wenige Ärzte“, sagt Vera Eckert. Sie bezeichnet das Wachstum der Stadt als extrem. Es dürfe jetzt nicht dazu führen, dass auch die letzten zusammenhängenden Grünflächen bebaut werden. Außerdem werde auch das Baugebiet Radensweg/Wiesendamm den Bedarf nicht decken können.

Die Initiative ist zuversichtlich für den Bürgerentscheid

Rund 1400 Unterschriften muss die Initiative sammeln, damit es zum Bürgerentscheid und damit zu einem Wahlgang der Kaltenkirchener kommt. Die Hälfte hat „Lebenswertes Kaki“ schon zusammen. „Wir zweifeln nicht daran, dass wir genügend Unterschriften bekommen“, sagt Vera Eckert.

Zehn aktive Mitglieder bilden nach ihren Worten den „harten Kern“ der Initiative, hinzu kommen viele Unterstützer. Dass ein Entscheid der Bürger auf kommunaler Ebene die Pläne von Politik und Verwaltung kippen kann, haben die Kaltenkirchener vor wenigen Wochen bewiesen. Eine Mehrheit sprach sich gegen die Pläne für ein Motorsport-Trainingsgelände im Stadtteil Moorkaten aus.

Auch die Initiative „Lebenswertes Kaki“ kann einen ersten Erfolg verbuchen: Wegen des Unmuts vieler Kaltenkirchener Bürgerinnen und Bürger haben Politik und Verwaltung vor wenigen Tagen reagiert. Der Auftrag an ein Büro, den Flächennutzungsplan zu ändern, wird vorerst nicht vergeben. Der Auftrag soll von der Tagesordnung der politischen Gremien genommen werden.

Workshop soll weiteres Vorgehen bestimmen

Bei einem Workshop mit Bürgerinnen und Bürgern soll stattdessen zunächst geklärt werden, „ob und wie das Planverfahren fortgesetzt wird“. Trotz einer Einwohnerversammlung vor wenigen Wochen, die sich mit dem Thema befasste, sei der „Diskussions- und Aufklärungsbedarf“ erheblich, heißt es in einer Vorlage aus dem Rathaus.

Wie der Workshop ablaufen soll, wird die Stadtvertretung klären. Ob danach noch ein Bürgerentscheid notwendig sein wird, um die Bauvorhaben zu verhindern, ist damit offen.

Kaltenkirchens Bürgermeister Hanno Krause hatte sich klar für den Bau des Wohngebietes ausgesprochen: „Ziel unserer Stadtentwicklung ist, dass wir möglichst vielen Familien mit Kindern eine Heimstätte in Kaltenkirchen ermöglichen. Kaltenkirchen wurde mit dieser Strategie zweitjüngste Stadt hinter Kiel. Ein sehr guter Trend gegen die Veralterung und zur Belebung der Infrastruktur in unserer Stadt. Andere Städte beneiden uns darum.“

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