Norderstedt. Anlässlich des Welttages der biologischen Vielfalt an diesem Sonnabend startet die Stadt Norderstedt ein besonderes kulinarisches Projekt: Norderstedt soll „Essbare Stadt“ werden. Mit der Anpflanzung von 30 verschiedenen Riesenkürbis-Sorten auf einer Grünfläche südlich der Haltestelle Norderstedt-Mitte möchte die Stadt die Bedeutung der Sortenvielfalt für die Bürgerinnen und Bürger quasi im Vorbeigehen erlebbar machen.
Karin Bernhardt ist am Donnerstagnachmittag gerade auf dem Weg zum Einkaufen und traut ihren Augen kaum: Auf der Wiese zwischen Moorbekpark und Stadtwerke-Gebäude, in unmittelbarer Nähe des ZOB in Norderstedt-Mitte sind Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Inklusionsgruppe des Betriebsamtes mit ihrem Chef Peter Kramp damit beschäftigt, große grüne Säcke strategisch sinnvoll auf der Fläche zu verteilen. Irgendwie erinnert das Ganze an ein Kunst-Happening – doch damit hat der Arbeitseinsatz der Stadt-Beschäftigten nichts zu tun.
Aus jedem Plastiksack ragt ein Holzpfahl mit einem Schild – ungewöhnliche Namen, die vermutlich die meisten noch nie gehört haben, sind da darauf zu lesen: „Alladins Turban“, „Alter Hamburger Riese“, „Grün-Blauer Speck“, „Ungarischer Blauer“ sind nur einige Beispiele. Es sind die Namen von insgesamt 30 seltenen Riesenkürbissen, die auf den grünen Säcken wie auf einem Hochbeet wachsen werden. Wie „Alladins Turban“ und der „Alte Hamburger Riese“ am Ende aussehen, das können die Norderstedter in den nächsten Monaten beobachten. Auch Karin Bernhardt ist schon ganz gespannt, sagt sie. Wenn die Kürbisse im Herbst reif sind, dann dürfen sie kostenlos geerntet und probiert werden – denn das ist das Konzept der „Essbaren Stadt“. „Eine wirklich gute Aktion der Stadt“, freut sich Karin Bernhardt.
Die Stabsstelle Nachhaltiges Norderstedt wird durch das Jahr 2021 hindurch das Wachsen, Reifen und Ernten begleiten. Auf der Seite www.norderstedt.de/essbarestadt wird es dazu fortlaufend aktuelle Informationen geben. Koordiniert wird das vorbildliche Projekt von Rathaus-Mitarbeiterin Anja Quandt. Sie betont, dass die Anpflanzung der Riesenkürbisse keineswegs eine einmalige Aktion sein wird. In den kommenden Jahren soll auf der zentral gelegenen Fläche am ZOB dann aber was anderes in die Erde gebracht werden – vielleicht in einem Jahr Tomaten und im anderen Kohlsorten. Mal abwarten, vielleicht gebe es ja auch Vorschläge von den Bürgerinnen und Bürgern. Zuversichtlich ist Anja Quandt jedenfalls, dass die Kürbisgewächse den kommenden Herbst erleben und nicht vorher von militanten Kürbis-Gegnern mutwillig aus dem Boden gerupft werden.
Den Welttag der biologischen Vielfalt gibt es seit 1992
Der Welttag der biologischen Vielfalt wird anlässlich der Verabschiedung des UN-Übereinkommens über die biologische Vielfalt am 22. Mai 1992 alljährlich an diesem Jahrestag begangen.
Der Verlust der Biodiversität ist mit dem Klimawandel zweifellos eines der größten Probleme auf der Erde. Das gilt auch für die Nutzpflanzen: Deren genetische Vielfalt ist zwingend erforderlich als Grundlage für die (gesunde) Ernährung. Denn: Obwohl das kulinarische Angebot riesig erscheint, wird das Essen der Menschen immer homogener. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen weist besorgt darauf hin, dass im vergangenen Jahrhundert 75 Prozent der Nutzpflanzenvielfalt weltweit verloren ging. Gründe für diesen Verlust sind unter anderem die Anforderungen, dass Lebensmittel für den Handel einheitlich in Form und Größe und darüber hinaus transportfähig sein müssen.
Mit der Vielfalt der Sorten verschwindet zunehmend auch das Wissen um diese Sortenvielfalt und deren immens wichtige Bedeutung. Mit der Essbaren Stadt möchte die Stadt Norderstedt dem entgegenwirken. Es gilt auch hier die alte Erkenntnis: Nur, was man kennt und schätzt, wird man auch schützen. Und mit der Essbaren Stadt darf das auch Spaß machen.
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