Die Namen der Tomatensamen haben es Jan Schröter so sehr angetan, dass er wohl demnächst in den Wohnwagen umziehen muss.

Kreis Segeberg Während sich weiterhin die Temperaturen dem Frühling verweigern, macht sich bei mir zwischen Sofa und Terrassentür eine ansehnliche Plantage von Tomaten-Setzlingen breit. Wäre es draußen stabil warm, könnte ich die florale Kita-Gruppe zumindest halbtags vor die Tür setzen und mein Wohnzimmer interimsweise wieder selbst benutzen. Aber ich mag nicht riskieren, dass ein plötzlicher Hagelschauer die komplette Brut dahinrafft.

Ich gebe zu, die Sache ist diesmal etwas ausgeartet. Angefixt durch den ideologischen Überbau diverser Garten-Zeitschriften und pandemiebedingt mit zu viel Freizeit ausgestattet, frequentierte ich einschlägige Internetportale. Es gibt unfassbar viele Dealer für Tomatensamen. Alle mit brachial originellen Namen, fast so wie bei Frisiersalons, die sich ja gern so etwas wie „Haarmonie“, „Kammbodscha“ oder „James Blond“ (gibt es tatsächlich alles!) aufs Firmenschild schreiben. „Tomatenreich“, „Tomatenhexe“ oder kurz „Samenfritze“ – alles dabei. Ich entschied mich für die Hexe, weil mich solche Frauen immer interessieren und man auch bei seinen schlechten Angewohnheiten konsequent bleiben sollte. Diese Entscheidung war also leicht. Schwieriger gestaltete sich die Auswahl der Tomatensorten. Es gibt mehr davon als Talerstücke in Dagoberts Geldspeicher. Es dauerte Tage, doch dann hatte ich aus der trillionenfachen Artenvielfalt neun Samensorten extrahiert und bestellt. Eine exquisite Auswahl von russischer „Sacharnaja Sliva“ über italienische „Piombino“ bis zur deutschen „Johannisbeertomate“. Neun Sorten, zehn Samen pro Tüte. Ziemlich viele, gab meine Frau zu bedenken. Ich entwarnte: Nach Keimung würden die schwächeren Setzlinge zugunsten der Kräftigeren entfernt, da blieben nicht viele übrig. „Hm“, kommentierte meine Frau bloß. Und behielt recht, wie leider oft. Ich finde zwar Hexen interessant, aber mein Herz ist butterweich. Gekeimte Gewächse exekutieren, bloß weil sie etwas zarter gebaut sind als ihr Nachbar, das kann ich nicht. Im Gegenteil. Die kriegen ihren eigenen Topf und eine Extraportion Zuwendung, dann läuft es. Tja. Nun läuft’s. Das ganze Wohnzimmer voller Tomatenpflanzen. Demnächst dann der ganze Garten. Ab Juli dreimal täglich auf dem Teller: Tomaten. Alle sortenrein, keine Hybride, ich könnte also die Samen entnehmen und nächste Saison damit züchten. Allerdings müssten wir dann ab März in unseren Wohnwagen ziehen, denn im Haus...