Es ist passiert: Erstmals seit etlichen Jahren musste unser Autor Jan Schröter dieser Tage seine Schneeschaufel benutzen.

Mein aktuelles Exemplar erwarb ich Anno 2016, seitdem stand es ungebraucht im Schuppen. Eigentlich war ich mir längst sicher, dieses Teil verfügt über magische Kräfte, die von vornherein jeglichen gefrorenen Niederschlag von der Sorte, die länger als eine Stunde liegen bleibt, auf meiner Einfahrt wegzaubern.

Nun zeigt sich, meine magische Schaufel ist bloß ein Holzknüppel mit Blechschild. Der Schnee lässt sich damit nicht verhindern, sondern nur beseitigen. Und zwar buchstäblich, indem man ihn mit der Schaufel beiseite schiebt. Da liegt er dann, bis ihn der Wind innerhalb von fünf Minuten wieder komplett auf der Einfahrt verteilt. Wer bei Sturm Schnee schiebt, ist ein direkter Nachfahre von Sisyphus. Sie wissen schon, das ist der antike Grieche, der die Götter verärgerte und zur Strafe für den kümmerlichen Rest seines Daseins einen mächtigen Felsbrocken bergauf rollen musste, der ihm jedes Mal entglitt, bevor er damit über den Berg war. Ich weiß zwar nicht, womit ich Zeus Konsorten verärgert haben könnte – ich spreche nicht mal Griechisch, die verstehen mich also gar nicht. Schippen muss ich trotzdem. Juhu, wir haben für ein paar Tage normalen Winter. Ich muss mein Auto freischippen, denn die Bahn fährt nicht. Sie fährt nicht in Südniedersachsen, das kann man nachvollziehen. Im Harz liegt das weiße Zeug in Massen. Andernorts bedecken drei Zentimeter Pulverschnee die Gleise, dort fährt die Bahn auch nicht. Sollten drei Zentimeter Pulverschnee Züge entgleisen lassen können, muss man wirklich Angst haben im ICE. Andererseits brauchen wir uns nicht zu fürchten, denn die Bahn fährt sowieso nicht. Weil die Weichen einfrieren und Bäume unter der Schneelast auf die Gleise fallen. Demnächst pusten Frühjahrsstürme die Bäume um, die fallen auf Weichen und Gleise. Es folgt die sommerliche Hitzewelle: Die Weichen dehnen sich aus, weil die armen Dinger nicht schwitzen können. Die Bäume vertrocknen und fallen morsch auf die Gleise. Im nahtlosen Anschluss droht der Herbst. Unterspült mit seinen Sintfluten die nach Luft schnappenden Weichen und weht Bäume (falls noch welche da sind) quer zur Fahrtrichtung. Auf die Gleise, selbstverständlich. Wollen wir nicht endlich die Bahn abschaffen? Die Gleise füllen wir mit festem Material, das ergibt prima Fahrradautobahnen. Stets benutzbar. Momentan müsste allerdings jemand die Strecke freischippen. Sisyphus, übernehmen Sie.