Norderstedt. Die beiden Niederländer durchbrachen mit ihrem Fluchtwagen eine Polizeisperre und fuhren als Geisterfahrer auf der A7.

Es war eine der spektakulärsten Verfolgungsjagden der Polizei im Kreis Segeberg - und als sie schließlich in Henstedt-Ulzburg endete, konnten alle Beteiligten nur von Glück sprechen, dass dabei niemand zu Schaden gekommen war. Vor der 1. Strafkammer des Landgerichts in Kiel beginnt am Freitag, 29. Januar, um 10 Uhr, der Prozess um zwei Automaten-Sprenger.

Ein 26-jähriger und ein 22-jähriger Mann, beides niederländische Staatsbürger und offenbar Teile einer Bande, die sich auf das Sprengen von Bankautomaten spezialisiert hat, steuerten am frühen Morgen des 29. Juli 2020 die kleine Kurstadt Bad Bramstedt an der A7 an. Ihr Ziel: Die Filiale der Commerzbank am Kirchenbleeck. Die Täter drangen in den Kassenraum ein und leiteten ein Gasgemisch in den Bankautomaten. Schließlich zündeten sie das Gas per Fernbedienung. Es war gegen 3.45 Uhr, als die Menschen in der Umgebung der Bank durch den enormen Donner der Explosion geweckt wurden. Bargeld in Höhe von über 100.000 Euro erbeuteten die Täter. Sie sprangen in ihren Fluchtwagen, einen wenige Tage zuvor gestohlenen Audi Q5 und flüchteten.

Doch die Polizei war längst von Anwohnern alarmiert worden und nahm mit mehreren Streifenwagen und einem Hubschrauber die Verfolgung auf. Die Täter kannten auf der Flucht keine Skrupel und fuhren teilweise entgegen der Fahrtrichtung als Geisterfahrer auf der A7. ,,Wenn man die Lichtbilder betrachtet, die vom Hubschrauber aus vom Fluchtfahrzeug gemacht wurden, liegt der Schluss nahe, dass die Täter mit einem Tötungsvorsatz handelten“, sagte Oberstaatsanwalt Michael Bimler im Juli dem Abendblatt. ,,Sie fuhren absichtlich auf der Autobahn entgegen der Fahrtrichtung. Menschenleben spielten für sie offenbar gar keine Rolle.“

Diese Einstellung stellten sie auch in Norderstedt auf der Segeberger Chaussee unter Beweis. Polizeibeamte des Norderstedter Reviers hatten hier eine Straßensperre gebildet. Die Täter durchbrachen sie, ein Polizeibeamter konnte sich nur durch einen Sprung zur Seite in Sicherheit bringen.

In Henstedt-Ulzburg endete die Flucht in einem Gewerbegebiet nahe der Autobahn, das an den Rastplatz mit der Aral-Tankstelle an der Rudolf-Diesel-Straße angrenzt. Die beiden Täter saßen bisher in Untersuchungshaft. Angeklagt werden sie nun wegen des vorsätzlichen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion in Tateinheit mit schwerem Bandendiebstahl. Außerdem müssen sie sich dafür verantworten, dass sie beim Durchbrechen der Polizeisperre und dem Fahren gegen die Fahrtrichtung auf der Autobahn Menschenleben gefährdet haben.

Für den Prozess hat das Landgericht vier weitere Termin am 11. Februar sowie am 1., 3. und 8. März angesetzt.