Es geht aufwärts. Muss ja! Denn der schlimmste Tag des Jahres liegt hinter uns - sagt Kolumnist Jan Schröter.

Schmuddelwetter, die Regierung verhandelt über die nächsten Lockdown-Verschärfungen und Schleswig-Holsteins Gesundheitsminister Heiner Garg sagt für diese Woche die Vergabe weiterer Impftermine ab, weil der Kühlschrank leer ist – Lieferschwierigkeiten bei Biontech. Was für ein Wochenauftakt. Allmählich fragt man sich schon, für was man in der zweiten Wochenhälfte eigentlich aus dem Bett kommen sollte.

Die Antwort: Weil es ab jetzt besser wird. Das ist wissenschaftlich bewiesen. Naja, zumindest pseudowissenschaftlich. 2005 entwickelte der britische Psychologe Cliff Arnall eine Formel, um den – drastisch formuliert – übelsten Scheißtag eines jeden Jahres zu ermitteln. Demnach fällt dieser Stichtag immer auf den dritten Januarmontag. Der vornehme Brite sagt natürlich nicht „Scheißtag“ dazu, sondern „Blue Monday“, was sich zwar freundlicher anhört, aber nichts an den Fakten ändert, aus denen dieser Schreckenstermin gestrickt ist. Am dritten Januarmontag ist das Girokonto von den abgebuchten Rechnungen für Weihnachtsgeschenke und Jahres-Versicherungsprämien in den Dispo gebombt, das Wetter stets mies, und das Stimmungsbarometer dümpelt verlässlich auf „Depression“. Auf die simpelste Gegenmaßnahme ist anscheinend noch nie jemand gekommen: Weihnachten im Juni feiern und das Versicherungsjahr im Juli beginnen. Dann bekommen wir die Rechnungen im Sommer, begleichen sie vom Urlaubsgeld, und das alles bei Sonnenschein. Aber nein, wir müssen uns am dritten Januarmontag damit abärgern. Das ist, laut Cliff Arnall, übrigens auch der Tag, an dem die meisten von uns bereits ihre guten Neujahrsvorsätze leider nicht durchgehalten und gebrochen haben, was die Laune nicht verbessert. Und dieses Jahr kommt noch die Pandemie dazu.

Immerhin lassen die Umstände, unter denen Arnalls Untersuchungen zustande kam, ein wenig an der Seriosität der Studie zweifeln. Sie entstand im Auftrag eines Tourismuskonzerns – vermutlich mit dem Ziel, den wintermüden Leuten die Blue-Monday-Flucht in die Sonne schmackhaft zu machen. Dank coronabeschränkter Reisemöglichkeiten geht allerdings 2021 auch dieser Schuss nach hinten los, darüber könnte man schon fast wieder ein wenig lächeln, ja? Ja? Na bitte, geht doch. Es geht aufwärts. Muss ja, der schlimmste Tag des Jahres liegt hinter uns. Heiner Gargs Kühlschrank im Impfzentrum mag leer sein, aber in unserem ist bestimmt noch irgendetwas Gutes drin. Vielleicht noch von Weihnachten. Glühwein, eine halbe Packung Schokokram, im Frost die Reste eines Festmenüs. Bitte keine Hemmungen, die guten Vorsätze („Kein Alkohol! Weniger Kalorien!“) haben laut Cliff Arnall den letzten Montag sowieso nicht überlebt. Gönnt Euch was.

Und wenn Ihr danach für den Rest der Woche nicht mehr aus dem Bett kommt, ist das keine Depression, sondern Eure aktive Schutzmaßnahme „Stopp Corona“ – mehr Quarantäne geht nicht.