Im neuen Norderstedter Hospiz sind in den ersten zwei Monaten bereits 17 bestens betreute Menschen gestorben.

Norderstedt. Auf diese Einrichtung haben viele Norderstedter lange gewartet. Anfang November wurde das neue Hospiz für Schwerstkranke und Sterbende an der Lawaetzstraße in Friedrichsgabe eröffnet worden, das das Albertinen Diakoniewerk aus Hamburg mit der Stadt Norderstedt und der Gemeinde Henstedt-Ulzburg für rund 4,9 Millionen Euro errichtet hat. Platz bietet das Hospiz bis zu 14 todkranken Menschen, die in der Einrichtung in Ruhe und Würde Abschied von ihren Angehörigen nehmen können. Bis zum Jahreswechsel hat das Norderstedter Hospiz schon 30 schwerstkranke Menschen aufgenommen. 17 von ihnen sind bereits verstorben, sagt Hospiz-Geschäftsführer Pastor Andreas Hausberg. Eine Person ist wieder ausgezogen, was eher selten ist.

Die Corona-Krise zurzeit sorge dafür, dass die meist an Krebs im Endstadium erkrankten Menschen etwas später in die Einrichtung kämen als es normalerweise der Fall sei, sagt Hausberg. „Sie wollen lieber solange wie möglich zu Hause bei ihren Liebsten bleiben, um keine Besuchseinschränkungen erleben zu müssen.“ Das zeigt sich auch an der Verweildauer, wie Hausberg berichtet. Durchschnittlich 21 Tage seien die Patienten, die er Gäste nennt, im Norderstedter Hospiz verblieben. 28 Tage seien es vor Corona im fast baugleichen Hospiz in Hamburg-Volksdorf gewesen, in dem die Stadt Norderstedt seit zwölf Jahren Mitgesellschafter ist.

Zwölf der 14 Zimmer im Hospiz sind ständig belegt

Das Durchschnittsalter der Gäste, etwa je zur Hälfte Männer und Frauen, liege derzeit bei 75 Jahren, so Hausberg. Er geht aber davon aus, dass sich das Durchschnittsalter erfahrungsgemäß bei 67 Jahren einpendeln werde. So variiere das Alter der Gäste in Norderstedt zurzeit zwischen Anfang 50 und Ende 80. Die jüngeren seien erst Ende des Jahres eingezogen. Zwölf der 14 Zimmer sind ständig belegt.

Das Besondere am Norderstedter Hospiz ist der hohe Personalschlüssel. 18 Voll- und Teilzeitkräfte kümmern sich in der Pflege in drei Schichten rund um die Uhr um die bis zu Bewohnerinnen und Bewohner. Im Vergleich zu Pflegeheimen sei diese Betreuung doppelt so hoch, erklärt Hausberg: „Und wir können noch drei examinierte Pflegekräfte zusätzlich einstellen.“

Hausberg betont: „Bei uns gilt der Satz: ‚Der Gast ist König‘.“ Die Pflegekräfte versuchten auf die Wünsche der Bewohner so gut es geht einzugehen. Sie könnten ihren Tagesablauf weitgehend selbst bestimmen, etwa entscheiden, wann sie aufstehen, frühstücken oder duschen möchten. Und wenn jemand etwas Besonderes essen möchte, machen dies die Pflegekräfte oft auch möglich, wie Ingrid Thoms berichtet. „Jüngst wollte ein Gast Ente essen, die hat dann ein Verwandter für ihn besorgt.“

180.000 Euro müssen im Jahr an Spenden aufgebracht werden

Dieser Einsatz hat auch seinen Preis. So beträgt der Tagessatz 435 Euro oder mehr als 12.000 Euro im Monat je Bewohner. Da die Pflege-und Krankenkassen aber nur 95 Prozent dieser Kosten trügen, müsse das Norderstedter Hospiz etwa 15.000 Euro der Betriebskosten im Monat, 180.000 Euro im Jahr, aus privaten Spenden selbst tragen.

Der Gesetzgeber habe damit verhindern wollen, dass ein Hospiz Gewinne erwirtschafte, erklärt Hausberg diese gewollte Unterdeckung der Zuschüsse. In Volksdorf sei diese finanzielle Gratwanderung bislang jedes Jahr gelungen. Auch im abgelaufenen Jahr wieder dank zweier unverhoffter Erbschaften, so Hausberg, der beide Hospize leitet.

Falls die Spenden nicht ausreichen sollten, müsste die Gesellschaft, die Albertinen Hospiz Norderstedt gemeinnützige GmbH, das Defizit tragen. An der GmbH sind das Albertinen-Diakoniewerk zu 51 Prozent, die Stadt Norderstedt zu 39 Prozent und Henstedt-Ulzburg zu zehn Prozent beteiligt sind.

Die Baukosten wurden nur zum Teil durch Fördermittel finanziert: 420.000 Euro kamen vom Land Schleswig-Holstein und 100.000 Euro von der Deutschen Fernsehlotterie. Gut 800.000 Euro wurden durch Spenden aufgebracht. Die restlichen Kosten werden durch Darlehn finanziert.

Mitarbeiter sollen bald gegen Corona geimpft werden

Damit sich die Gäste in ihren letzten Lebenstagen so wohl und geborgen fühlen könnten wie möglich, sind die Besuchszeiten auch unter Corona-Bedingungen sehr patientenfreundlich geregelt. Jeden Tag dürfe ein enger Angehöriger oder auch zwei, wenn sie aus demselben Haushalt stammen, ihren Liebsten ein paar Stunden am Nachmittag besuchen. In der Regel würde einer der zurzeit 15 ehrenamtlichen Helfer, die das Hospiz bereits gewonnen hat, den Angehörigen in Empfang nehmen, der wegen Corona eine FFP2-Maske tragen müsse. Die Mitarbeiter würden zweimal pro Woche auf eine mögliche Ansteckung hin getestet und demnächst auch gegen das Virus geimpft werden.

„Die Menschen möchten so privat, persönlich und selbstbestimmt wie möglich ihre letzten Lebenstage verbringen“, sagt Hausberg über das neue Hospiz in Norderstedt. „Wir schaffen hier eine Atmosphäre, die das respektiert und die unseren Gästen und ihren Liebsten die schwere Zeit des Abschiednehmens ein wenig leichter macht.“ Geplant sei zudem, eine Gesprächsgruppe für die betroffenen trauernden Angehörigen aufzubauen.

Eine stationäre Aufnahme in das Hospiz erfolge entweder über die Einweisung eines Haus- oder Krankenhausarztes oder einen ambulant tätigen Palliativmediziner, der die schwerwiegenden, unheilbaren Krankheitssymptome der Patienten bestätigen müsse.