Erstes Impfzentrum im Kreis Segeberg ist in Betrieb. Für die erste Woche haben täglich 60 Personen einen Termin gebucht.

Kaltenkirchen. Ein 88-Jähriger aus Bad Segeberg, ein 37 Jahre alter Leiter des ambulanten Pflegedienstes „Hospital at Home“ in Fahrenkrug und eine dort tätige, 29 Jahre alte Pflegekraft – sie gehören zu den ersten Menschen im Kreis Segeberg, die in dem Kaltenkirchener Corona-Impfzentrum ihre Impfung gegen Covid-19 erhalten haben. „Mein Sohn hatte dafür gesorgt, dass ich gleich heute einen Termin bekomme“, sagte Günter Dreessen, Rentner aus der Kreisstadt. Eigentlich hatte der pensionierte Polizeibeamte mit einem Termin in Wahlstedt gerechnet – hier hatte das Land bei der Anmeldung die Standorte vertauscht, sodass die Buchungen am Silvestertag nachträglich geändert werden mussten. Für Dreessen, der übrigens immer noch alleine in einer Wohnung lebt, war dieses organisatorische Durcheinander kein Problem. Wie auch die Impfung allgemein. „Das ist eine notwendige Maßnahme. Ich habe keine Angst vor Corona, weiß aber um die Gefährlichkeit. Ich fühle mich auch gut informiert.“

Am Empfang wird Fieber gemessen

Die Abläufe in dem umgebauten Gewerbekomplex an der Borsigstraße sind einstudiert. Am Empfang steht Bundeswehrsoldat Jarrik Freund, ein 18 Jahre alter Gefreiter aus Heide. Er gleicht den Termin ab, misst Fieber, fragt nach allgemeinen Symptomen. „Bei der Anmeldung wird die Priorisierung überprüft, also ob die Person berechtigt ist gemäß der aktuellen Empfehlung der ständigen Impfkommission“, sagt Tabea Ketzner, beim Kreis zuständige Fachdienstleiterin im Amt für Katastrophenschutz.

Im Wartebereich ziehen die Menschen eine Nummer. „Wenn man aufgerufen wird, geht man weiter in die entsprechende Impflinie.“ Eigentlich gibt es in Kaltenkirchen fünf solcher Linien, begonnen wird mit einer – für ein größeres Pensum gibt es momentan noch nicht genug Vakzin. Pro Stunde sollen zwölf Personen geimpft werden, täglich also 60, erst einmal ist Montag bis Sonntag von 13 bis 18 Uhr geöffnet. Drei Wochen später gibt es die zweite Impfung, diese wurde zusammen mit dem ersten Termin vereinbart.

Ehepaare können sich auch gemeinsam impfen lassen

Bürgerinnen und Bürger, die ihr 80. Lebensjahr vollendet haben, haben Priorität. Hier betont der Kreis auf Nachfrage auch, dass Ehepaare sich nicht nur gemeinsam anmelden können, sondern auch gemeinsam in den Impfbereich dürfen. Ebenso ist es gestattet, dass Angehörige als Begleitung dabei sind, das soll gerade den Umgang mit dementen Personen, die zu Hause gepflegt werden, erleichtern.

Weiter dürfen sich zunächst auch Personen aus dem Gesundheitswesen, also sensiblen Bereichen, oft mit dem Risiko des Kontaktes zu Covid-Infizierten, impfen lassen. Bei Alten- und Pflegeheimen gibt es dazu die Option, dies vor Ort durch eines der mobilen Teams vollziehen zu können. Diese haben nach Weihnachten mit ihrer Tätigkeit begonnen und auch im Kreis bereits mehrere Einrichtungen besucht.

Nachts ist kein Serum im Zentrum

Bekanntlich ist in der EU und damit auch in Deutschland bisher nur der Impfstoff von Pfizer-Biontech zugelassen. Ketzner: „Wir bekommen immer nur die täglich angemeldete Dosis geliefert. Immer morgens. Wir möchten nicht, dass die Dosen nachts im Zentrum verbleiben.“ Für Kriminellen könnte dies potenziell wertvolles Diebesgut sein, dazu könnten es radikale Impfgegner auf das Zentrum abgesehen haben – alle Standorte sind allerdings rund um die Uhr gesichert.

Die Hälfte einer jeden Charge wird für die jeweils zweite Impfung einer Person verwendet, so ist die Vorschrift. So kann auch verhindert werden, dass Termine gebucht werden, ohne dass entsprechender Impfstoff bereitsteht.

Pro Ampulle werden sechs Dosen verimpft

Eine Diskussion, die in den vergangenen Tagen bundesweit aufkam, betrifft die Anzahl der Impfdosen pro Ampulle. Die europaweite Zulassung genehmigte bisher nur fünf, obwohl eine sechste möglich wäre. Zwar soll die Zulassung sowieso modifiziert werden, in der Praxis gelten aber bereits andere Vorgaben. „Wir sind vom Land angehalten, sechs Dosen zu verimpfen“, so Ketzner, auch das Bundesgesundheitsministerium habe dies angeordnet. Ein bisschen Vakzin bleibt zwar übrig, doch es ist nicht erlaubt, die Reste aus zwei Ampullen zusammenzumischen.

Dr. Lotte Lührs aus Kayhude hilft freiwillig mit

Vor einer Impfung wird das Konzentrat – pro Ampulle 0,45 Milliliter – mit 1,8 Milliliter Kochsalzlösung verdünnt. Zum Ablauf gehört auch ein ärztliches Vorgespräch. Dr. Lotte Lührs aus Kayhude hat sich freiwillig gemeldet, im Impfzentrum mitzuarbeiten. „Weil es eine Herausforderung ist – und weil wir weiterkommen, alles daran setzen müssen, mit der Impfung in Gang zu kommen.“ Die 69-Jährige arbeitet weiterhin in ihrer alten Hausarztpraxis in ihrem Heimatort. Corona und die Impfungen sind hier ein großes Gesprächsthema. „Die Leute haben Skepsis, weil der Impfstoff so schnell entwickelt worden ist und weil die Technik neu ist. Aber ich sehe im täglichen Kontakt, dass viele darauf warten, sich impfen zu lassen.“

Eine Frage, die noch nicht abschließend beantwortet werden kann, ist jene nach den Nebenwirkungen. „Über die kurzzeitigen wissen wir einiges“, so Lührs. Rötungen, Schwellungen, leichtes Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen können vereinzelt auftreten. Langfristig müsse man Erfahrungen sammeln, so die Ärztin.

Vor der Impfung gibt es keinen Corona-Schnelltest

Ein Corona-Schnelltest wird vor einer Impfung nicht vorgenommen. „Diese können nicht mit höchster Sicherheit sagen, ob jemand infiziert ist.“ So könnte es durchaus passieren, dass eine Person am Tag der Impfung negativ getestet wird, also eine Infektion, die 24 Stunden zuvor passiert ist, dann noch nicht festgestellt werden kann. Einen negativen Einfluss auf die Wirkung des Serums hätte dies nach jetzigem Kenntnisstand nicht. Lührs: „Und auch Menschen, die schon an Corona erkrankt waren, sollen geimpft werden, aber vielleicht nicht primär.“ Wie lange der Immunschutz durch die Antikörper, die nach einer Covid-19-Erkrankung bestehen, anhält, wird derzeit erforscht.

Ebenso werden die geimpften Bürgerinnen und Bürger auch gebeten, sich mittels der Smartphone-App „SafeVac 2.0“ an einer Befragung zur Verträglichkeit der Stoffe zu beteiligen. Drei bis vier Wochen nach einer Impfung können die Teilnehmer hier angeben, ob gesundheitliche Probleme aufgetreten sind, dies wird sechs und zwölf Monate später wiederholt.

Landrat Jan Peter Schröder verfolgte die ersten Impfungen in dem Kaltenkirchener Zentrum. „Es ist eine besondere Situation. Das erste Impfzentrum im Kreis kommt ins Leben, es ist Licht am Ende des Tunnels, ein erster Schritt, der uns dazu führen wird, der Pandemie Herr zu werden. Ich würde mir wünschen, dass sich viele Menschen impfen lassen. Es ist ein wesentlicher Beitrag neben den Masken, dem Halten von Abstand, den Hygieneregeln, um im Laufe des Jahres zu einem normalen Leben zurückkommen zu können“, sagte er.

Impfzentrum dient dem Umland

Auch Kaltenkirchens Bürgermeister Hanno Krause sprach von einer großen Bedeutung für die Region. „Das Impfzentrum wurde sehr schnell aufgebaut, wir waren am 15. Dezember funktionsfähig.“ Was da noch gefehlt habe, sei eben der Impfstoff gewesen. „Es freut mich für Kaltenkirchen, für die Menschen, die hier einen kurzen Weg haben werden, aber wir haben als Mittelzentrum auch die Aufgabe, das Umland zu versorgen. Dass Norderstedt ebenfalls ein Impfzentrum erhalten hat, ist eine wichtige Entscheidung. Alles andere wäre logistisch eine Überforderung gewesen für den Kreis Segeberg.“ Die Verwaltung hat extra für das Zentrum eine halbe Stelle geschaffen, man habe einen „Kümmerer für das Impfzentrum“, so Krause, dabei handelt es sich um Markus Bleckmann, der auch Marktmeister in der Stadt ist.

Dienstag werden wieder Termine vergeben

Am Dienstag (5. Januar) wird ab 8 Uhr die zweite Runde der Impftermine für Schleswig-Holstein gestartet – wieder online über www.impfen-sh.de oder telefonisch über die Hotline 116 117. Auch diese Zeiten dürften schnell ausgebucht sein, das wird sich erst ändern, wenn mehr Impfstoffe, zunächst wohl jene von Moderna und AstraZeneca, zugelassen und verfügbar sind. Sukzessive sollen dann nicht nur in Kaltenkirchen mehr Impflinien öffnen, sondern auch die Zentren in der Norderstedter „TriBühne“ und in einer Tennishalle in Wahlstedt ihre Arbeit aufnehmen.