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Stresstest für den Norderstedter Radverkehr

| Lesedauer: 5 Minuten
Michael Schick undAndreas Burgmayer
Es wird enger auf den Straßen: Ziel der Mobilitätswende ist es auch, den Radverkehr auf Augenhöhe mit dem Autoverkehr zu bekommen

Es wird enger auf den Straßen: Ziel der Mobilitätswende ist es auch, den Radverkehr auf Augenhöhe mit dem Autoverkehr zu bekommen

Foto: Bernd Wüstneck / ZB

Norderstedt.  Wie fahrradfreundlich sind die Städte und Gemeinden im Kreis Segeberg? Diese Frage will der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) mit dem Fahrrad-Klimatest beantworten. Der ADFC ruft die Radler wieder bundesweit auf, ihre Meinung zu sagen. Bis zum 30. November können sie online 32 Fragen beantworten oder sich den Fragebogen ausdrucken und per Post verschicken.

Abgefragt wird, wie oft und warum sie aufs Rad steigen, ob das Radfahren Spaß macht oder Stress verursacht, wie sicher sich die Menschen auf dem Sattel fühlen, wo sie Stärken und Mängel in der Radinfrastruktur ihrer Städte und Kommunen sehen.

Norderstedt stürzte von Platz vier auf Platz 17 ab

Beim letzten Test des ADFC war Norderstedt im Vergleich zu 2016 stark abgerutscht, belegte mit der Schulnote 3,7 nur noch Platz 17 unter 106 Städten mit 50.000 bis 100.000 Einwohnern. Ein enttäuschendes Ergebnis, hatte sich die Stadt doch von 2014 auf 2016 auf Platz vier hochgestrampelt und war einer der Aufsteiger des Tests.

Vor zwei Jahren vergaben die Norderstedter Radler überdurchschnittlich gute Noten für das Leihsystem Nextbike, für die Möglichkeit, Räder in Bus und Bahn mitnehmen zu können, für die Ausschilderung der Strecken und für die Werbung, mit der die Stadt die Bürger zum Umstieg von vier auf zwei Räder animieren will. Sie kämen zügig voran, mit dem Rad unterwegs zu sein, mache überwiegend Spaß. Auf Kritik stieß die fehlende Breite der Radwege und die mangelhafte Führung der Radler an Baustellen. Am stärksten bemängelten die Teilnehmer des Tests das Fahren im Mischverkehr. Spätestens seitdem die Radler auf einem Teilstück der Ulzburger Straße auf der Fahrbahn radeln sollen, ist das Fahren auf der Straße umstritten.

Streit um 40 Parkplätze auf der Marommer Straße

Politik und Verwaltung bemühen sich in Norderstedt seit Jahren, die Mobilitätswende weg vom Auto hin zum Fahrrad voranzubringen, investieren fast eine Million Euro im Jahr in den Ausbau der Radwege. Ein zweites Fahrrad-Parkhaus soll am Herold-Center gebaut werden, Velorouten sollen die Radler schneller und komfortabler durch die Stadt bringen. Was bleibt, ist der Dauerstreit zwischen Zweirad- und Autofans, der sich spätestens dann zeigt, wenn, wie aktuell an der Marommer Straße, Parkplätze zugunsten von Radwegen wegfallen sollen.

Ob die 40 Parkplätze für den Bau eines Radweges weichen müssen – darüber streiten sich die Stadtvertreter noch (wir berichteten). Bereits beschlossen hat der Verkehrsausschuss allerdings die Wegnahme einiger Parkplätze und einer Ladezone an der Ulzburger Straße – zugunsten eines Radweges.

Es handelt sich um den kleinen Abschnitt der Ulzburger Straße hinter der Einmündung der Breslauer Straße und bis zur Ohechaussee. Dort, unter anderem vor einer Bäckerei, befinden sich die Parkplätze und die Ladezone an der rechten Fahrbahnseite in Fahrtrichtung Süden. Wie die Stadtverwaltung betont, sei die Ulzburger Straße Bestandteil der Veloroute 1 und 2, die Anforderungen an die Qualität der Radverkehrsanlagen entsprechend hoch.

Da wirkt der derzeitige Ist-Zustand merkwürdig: Vor der Hausnummer 5 wird der benutzungspflichtige Radweg durch die Ladezone und parkenden Autos jäh unterbrochen. Da der Gehweg in diesem Bereich für den Radverkehr nicht freigegeben werden kann, muss der Radfahrer entweder absteigen und schieben oder ungeschützt auf die Fahrbahn ausweichen. Dies könne zu gefährlichen Situation führen, weil Autofahrer nur bedingt an dieser Stelle damit rechne. Langfristig sei in diesem Bereich eine vollständige Umgestaltung der Verkehrsfläche zur Förderung des Radverkehrs vorgesehen. Diese Planung wurde bereits im Ausschuss vorgestellt, bislang ist dazu aber noch kein Beschluss gefasst worden. Um den Vorgaben der Straßenverkehrsordnung Rechnung zu tragen, müsse aber jetzt gehandelt werden.

Bis auf die AfD stimmten alle Parteien für die Wegnahme der Parkplätze und der Ladezone. Die Flächen werden nun für 3000 Euro rot eingefärbt und zum Radweg erklärt. Das soll Ende 2020, spätestens Anfang 2021 geschehen.

Andere Kommunen im Kreis Segeberg schneiden noch schlechter ab

Deutlich schlechter als Norderstedt haben die anderen Städte und Gemeinden im Kreis Segeberg abgeschnitten. Henstedt-Ulzburg landete mit der Schulnote vier unter Städten und Gemeinden mit 20.000 bis 50.000 Einwohnern auf Rang 179 von 311 Teilnehmern, Kaltenkirchen bekam ebenfalls eine vier, landete in der Tabelle aber noch sieben Plätze hinter Henstedt-Ulzburg. Bad Bramstedt musste sich in der Größenklasse bis 20.000 Einwohner mit Platz 183 von 186 begnügen. Die Radler vergaben eine 4,5. Der neue Test wird zeigen, ob sich die Situation für die Radler verbessert hat.

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