Was wären wir ohne Kleber? Längst kaputt, mit Sicherheit. Mit Kleber lassen sich sogar Beziehungen kitten – glaubt unser Kolumnist Jan Schröter.

Was macht ein technisch lediglich limitiert begnadeter Vater, wenn sein Kind weinend einen partiellen oder gar totalen Schaden am Lieblingsspielzeug beklagt? Er greift zum Kleber. Mütter machen das übrigens auch. Allerdings nicht so häufig, denn was filigranes Zusammenfummeln betrifft, liegen Frauen meistens weit vorn. Sie erledigen deshalb fachgerechte Reparaturen an Modellautos und Püppchen auch ohne Kleber oft so perfekt, dass das vormals ramponierte Spielzeug wieder wie neu aussieht. Trotzdem, hilft sonst nichts, dann helfen Sekundenkleber, Klebebänder, Panzertapes oder gezielte Schüsse aus der Heißklebepistole.

Dieses Rettungsprinzip ist nicht neu, wie man jetzt im Forschungszentrum des Norderstedter Klebstoff-Weltkonzerns Tesa nachwies. Die Untersuchung eines etwa 4000 Jahre alten Flintsteindolches unter dem Rasterelektronenmikroskop ergab, dass der längst nicht mehr vorhandene Holzgriff vermutlich angeklebt war – mit einer zähen Masse aus eingekochter Birkenrinde. Sichtbar wurden diese Klebereste bei 500.000-facher Vergrößerung, und da auf der Klinge nirgendwo kleingedruckt „Made in China“ stand, konnten die Tesa-Forscher die Echtheit des Steinzeit-Objekts bestätigen. Man kann sich gut vorstellen, wie Benno Bimsstein im Sommer 1980 v. Chr. seinen Dolch zücken will, um seiner Liebsten ein dezentes Fruchtbarkeits-Amulett als Liebesgabe zu schnitzen – und nur den Griff in der Hand hält. Messer defekt, die Kreuzschlitzschraube noch nicht erfunden und morgen ist Hochzeitstag. Zum Glück hat Benno einen Feuerstein und Birkenrinde am Start, die Ehekrise wird abgewendet, bevor sie ausbricht. Später ging Bennos Messer verloren. Oder – diese Alternative wünschen wir ihm – es wurde im Zuge einer Konferenz mit dem Nachbarstamm unter dem Motto „Frieden schaffen ohne Waffen“ kurzerhand abgerüstet.