Kreis Segeberg. In der Coronakrise entdecken viele Kirchengemeinden ihre modernen Seiten: Segen to go, Predigten übers Internet und Seelsorge am Telefon.

Immer, wenn ich denke, jetzt ist die Katholische Kirche wirklich sowas von verkrustet, verknöchert, veraltet und eigentlich längst überflüssig, überrascht sie mich mit ungeahnter Kreativität. Nein, auch der nächste Papst wird nicht weiblich, und die Priester werden weiterhin als Junggesellen durchs Diesseits wandeln, offiziell zumindest. Doch in der Ochsenzoller Pfarrei St. Katharina von Siena erfand man jetzt den „Segen to go“. Vor der Kirche am Schmuggelstieg hängt eine Art Wäscheleine. Allerdings baumeln daran anstelle frisch gewaschener Socken Kärtchen mit Segensworten. Zum Mitnehmen für jedermann und -frau, zwecks Erbauung und Trost.

Die Kirche geht also sozusagen analog „on Leine“. Für diese Art Segen braucht man keine Computer. Eigentlich braucht man dafür nicht mal Priester. Es genügt irgendwo im Vatikan eine Bibliothek mit klerikalem Buchbestand und ein paar fleißige Abschreiber – fertig ist der Segens-Superspreader. Weil sich die Leute ihre Segens-Kärtchen eigenhändig von der Leine pflücken, spart die Kirche sogar das Porto für den Versand. Denkt man dies alles konsequent zu Ende, ließen sich sogar die schrecklich unterhaltsaufwendigen Kirchenbauten einsparen. Neben der Leine mit dem „Segen to go“ lädt ein aufblasbares Gartenplanschbecken zur Spontantaufe ein. Den Taufspruch dazu vermittelt ein daneben installierter Abreißkalender, man darf das Blatt gerne mitnehmen. Sogar Trauungen finden kostensparend und unbürokratisch statt: Das Brautpaar tritt vor eine Foto-Stellwand mit romantischem Südsee-Strandpanorama, die Ansprache hält Amazons „Alexa“. Die übermittelt dann auch gleich den neuen Familienstand des frischvermählten Paares ans Einwohnermeldeamt. Und ans Finanzamt, schon wegen der Kirchensteuer.