Kreis Segeberg. Kontaktverbot, Homeoffice, Schulen zu – Wenn alle Zuhause sind, bedroht das Arbeitsplätze. Und zwar die von Einbrechern und Kriminellen.

Es hagelt Absagen. Per Telefon, Mail oder auch per Post. Mir werden Lesungstermine gestrichen, Filmprojekte verschoben, Buchverträge storniert. Gerade eben sagt ein Verleger die Krimi-Anthologie ab, die eigentlich rechtzeitig zu den Sommerferien erscheinen sollte, damit die Leute eine nette Urlaubslektüre für den Strand im Gepäck haben. „Weiß doch niemand, ob man im Sommer überhaupt irgendwo Urlaub machen kann“, argumentiert der Verleger. „Vielleicht lässt überhaupt kein Land mehr die Leute rein oder raus, und ich bleibe auf meinen Büchern sitzen und hab die Lagerkosten an der Backe. Wir ziehen das nächstes Jahr durch, okay?“ Na gut, denke ich ergeben. Im nächsten Leben eröffne ich eine Klopapierfabrik. Dann lass ich ihn mal stecken, den eigens für dieses Projekt geschriebenen Kurzkrimi. Der verdirbt ja nicht, während er in meiner Schreibtischschublade zwischenlagert. Eine spannende Story von einem Einbrecher, der… Ich stutze und frage mich: Was macht eigentlich ein Einbrecher in diesen Corona-Krisentagen?

Normalerweise läuft es ja so: Der Einbruch ins ausgekundschaftete Objekt erfolgt, wenn die Bewohner und möglichst auch sämtliche Nachbarn abwesend sind. Aber jetzt sind alle zu Hause. Homeoffice, die Kinder toben ganztags durch die Bude. Sogar zum Einkaufen verlässt vorbildlich nur eine Person den anvisierten Haushalt. Keine Chance für Einbrecher. Allein das, liebe Mitbürger, wäre schon Grund genug, die eindringlichen Experten-Appelle für freiwillige Quarantäne zu befolgen. Um die Einbrecher muss man sich allerdings Sorgen machen. Denn sie müssen sich nicht bloß von ihrem mühsam ausgekundschafteten Zielobjekt verabschieden – alle daheim, nichts steht allein. Es hilft der Panzerknacker-AG auch nicht, im Rahmen einer Fortbildung auf Taschendiebstahl umzuschulen. Dann steht der Dieb mit seinen meisterhaften Fähigkeiten mitten im coronahalber verwaisten Hauptbahnhof allein auf weiter Flur. Taucht nach Stunden vielleicht doch endlich ein verpeilter Pendler auf, ist der sofort von einer Horde ausgemergelter Taschendiebe umringt. Da bleibt für keinen genug übrig. Und für die Diebe auch keines der sonst üblichen Geschäftsmodelle. Besoffene Nachtschwärmer „antanzen“ und um Brieftasche und Handy erleichtern? Auf dem Kiez ist Totentanz. Im Restaurant die Taschen der am Nachbartisch über Stuhllehnen hängenden Jacken durchfilzen? Vergesst es, die Restaurants sind geschlossen. Und die Diebe und Einbrecher darben zu Hause und müssen das Geplärre ihrer Kinder ertragen, die sich permanent gegenseitig das Spielzeug klauen.