Norderstedt. „Moin!“ Fröhlich geht Gaby Gaßmann (45), Geschäftsführerin und Eigentümerin der Firma Magnus Mineralbrunnen in Norderstedt, mit der Reporterin über die Baustelle, gibt zur Begrüßung jedem die Hand. Im Juni wird der Neubau am Langenharmer Weg fertig sein, der im September offiziell eingeweiht werden soll. Nach dem Rundgang lädt die studierte Betriebswirtin ein in ihr Büro – zu einem sehr persönlichen Gespräch über Glasgebinde und Glücksgefühle, Klimaschutz und Kindererziehung sowie den unschätzbaren Wert von Zeit.
„Das Leben ist zu kurz für irgendwann“ ist auf Ihrer privaten Facebook-Seite als Leitspruch zu lesen. Was wollen Sie uns damit sagen?
Dass es wichtig ist, im Hier und Jetzt zu leben. Ich sehe viele Menschen, die in ihrem Leben gefangen sind, ob beruflich oder privat. Mich hat das Leben auch schon einmal voll erwischt, mit einer Krebserkrankung vor neun Jahren. Zum Glück habe ich alles gut überstanden und lebe seitdem reflektierter im Hier und Jetzt, versuche es zumindest.
Was haben Sie seit Ihrer Genesung verändert?
Ich habe vieles aus der Vergangenheit auch mit Unterstützung eines Coachs aufgearbeitet. So eine Krankheit kommt nicht von ungefähr. Unser Körper kann nur das stemmen, was er stemmen möchte. Von daher ist es elementar wichtig, auf ihn zu hören und ihn zu verstehen. Einfach achtsam zu sein.
Wer mit sich selbst achtsam ist, ist es auch mit anderen. Sie tragen als Geschäftsführerin der Magnus Mineralbrunnen GmbH Co. KG seit 2001 die Verantwortung für mittlerweile 55 Mitarbeitende. Wie läuft das so?
Wir sitzen hier alle in einem Boot. Ich kann ohne mein Team nicht und mein Team nicht ohne mich. Das heißt: Respektvoll miteinander umzugehen ist Grundvoraussetzung. Für mich ist jeder Mitarbeiter, egal welchen Job er ausübt, gleich wichtig.
Sie investieren jetzt 14 Millionen Euro in ein Gebäude samt neuer Abfüllanlage. Wie stolz sind Sie darauf?
Wir sind kürzlich gefragt worden: ‚Habt ihr euch mal auf die Schulter geklopft, wie schnell ihr gewachsen seid, und was ihr jetzt hier stemmt?’ Wir haben uns im Team angeguckt und gesagt: ‚Nein. Das, was wir machen, machen wir aus Überzeugung, aus Kraft und Liebe zu dem, was wir tun.’ Die Investition ist ein Thema, das mich bewegt, und ein Schritt, den ich wohlüberlegt mache. Die Entwicklung in der Vergangenheit hat gezeigt: Wir sind auf dem richtigen Weg und freuen uns darüber, dass wir weiter wachsen. Wir können unseren Umsatz in den nächsten fünf Jahren noch gut weiter steigern.
Sie investieren am bestehenden Standort Norderstedt, obwohl es Überlegungen gab umzusiedeln. Was war entscheidend dafür hierzubleiben?
Eigentlich wollten wir hier nicht weg. Genau hier in Norderstedt und in der Metropolregion von Hamburg fühlen wir uns wohl und sind wir zu Hause. Und ein Umsiedeln ist auch nicht ganz so einfach, weil wir hier unsere Brunnen haben – und unser Mineralwasser nur dort abgefüllt werden darf, wo es gefördert wird. Weil wir mit den Lkw-Bewegungen auf unserem Grundstück sowie den Lagerflächen aber an Grenzen gestoßen sind, mussten wir alle Optionen prüfen. Und freuen uns natürlich darüber, eine zukünftig sehr ansehnliche Lösung auch gemeinsam mit der Stadt gefunden zu haben.
Woran machen Sie die rasante Entwicklung mit 60 Millionen Abfüllungen im Jahr fest?
Als mein Vater mir 2001 das Geschäft übergab, habe ich überlegt: Welchen Weg können wir hier weitergehen? Wo stehen wir? Nach vielen internen Veränderungen, struktureller und personeller Natur, haben wir uns dann 2008 für den Schritt in die Gastronomie und Hotellerie entschieden. Mit Magnus Imperial machen wir mittlerweile mehr als 20 Prozent des Umsatzes. Und als weitere Konsequenz unseres Wachstums mit Magnus haben wir 2015 ein Exklusivgebinde für den Handel entwickelt. So sind wir stetig mit attraktiven Gebinden sowohl in der Gastronomie als auch im Handel mit Magnus unterwegs.
Sie selbst haben für dieses Segment eine stylische Glasflasche entwickelt, ähnlich einer Weinflasche.
Genau. Wir haben alle Wein auf dem Tisch stehen, warum sollen wir uns hier optisch von einer Weinflasche entfernen? Übrigens haben wir uns damals generell gefragt: Wie verpacken wir unser kostbares Gut in ein Gebinde, von dem wir überzeugt sind, dass es darin wirklich gut verpackt ist? Und dem Verbraucher Freude und Spaß macht, daraus zu trinken, um gesund und fit zu bleiben. Wir setzen ganz klar auf Glas. Der PET-Anteil ist bei uns auf unter 10 Prozent gesunken. Die Resonanz der Verbraucher zeigt uns, dass wir auf das richtige Pferd gesetzt haben.
Aktueller denn je ist das Thema Klimaschutz ...
Die Sensibilisierung ist sehr wichtig. Ich finde es super, wie auch die Jugend vermehrt damit umgeht. Es gibt im Handel Überlegungen, immer stärker auf Plastikverpackungen zu verzichten, was zum Glück auch schon fleißig umgesetzt wird. Ich finde den Weg absolut richtig, jeder Einzelne kann in seinem Kosmos aktiv werden. Wir setzen hier bei uns ausschließlich auf Mehrweg-Gebinde. Wenn wir uns anschauen, welche Massen an Plastik uns die Meere vermüllen, könnte ich schreien. Wie viele Generationen sollen denn die Schäden, die wir unserem Planeten zufügen, aufarbeiten müssen? Wir bei Magnus weigern uns beispielsweise, Kunststoffverschlüsse zu benutzen, weil wir sagen: So wenig Plastik und Kunststoff wie möglich. Unsere Aufgabe als Unternehmer ist es, nicht nur in den eigenen vier Wänden, sondern auch in der Welt zu schauen: Wie können wir hier unterstützen? Im Rahmen der Umbaumaßnahmen arbeiten wir an der Optimierung unseres Energieverbrauchs und denken gleichfalls über einen ökologischen Fußabdruck oder CO-Footprint nach. Ob Baumanpflanzungen oder Brunnenbau – wir werden ausgesuchte Projekte unterstützen. Hier sind wir derzeit in der Findungsphase.
Wie viel Wasser trinken Sie am Tag?
Grundsätzlich bin ich ein Wasserkind und versuche, zwei Liter Wasser täglich zu trinken. Auch gern Ingwerwasser oder Tee.
Wie stehen Sie zum Leitungswasser als Trinkwasser?
Wasserwerke sagen ja, Leitungswasser sei das bestkontrollierte Lebensmittel der Welt. Man muss hier beachten, dass das nur bis zum Abgabepunkt der Wasserwerke zutrifft. Auf den letzten Metern kann das Wasser stark an Qualität verlieren. Zu beachten ist auch, dass einige Stoffe gar nicht analysiert werden und es häufig chemisch aufbereitet wird. Am Wasserhahn haben wir keine Information, was alles drin ist.
Sie sind nicht nur Unternehmerin, sondern auch Mutter. Ihre sechsjährige Tochter ziehen Sie allein groß. Wie schaffen Sie das?
Das A und O ist, ein tolles Netzwerk und Auffangbecken zu haben. Zu Hause habe ich eine wundervolle Unterstützung, die meiner Tochter und mir das Leben erleichtert. Man muss auch mal rausstellen, dass Selbstständigkeit viel Verantwortung und Arbeit, aber auch viel Freiheit bedeutet. Ich mache auch mal um 15 Uhr Feierabend, lege das Handy zur Seite, um mit meiner Tochter zu basteln, zu backen oder Ostereier zu bemalen. Die Zeit nehme ich mir, da ich abends wiederum sehr viel auf Veranstaltungen bin. Für mich ist es das größte Geschenk, Zeit mit dem Kind verbringen zu können. Was bringt mir der größte Erfolg, wenn ich mein Kind nicht aufwachsen sehen kann?
Wie sensibilisieren Sie Ihr Kind für das Thema Wasser?
Das fängt morgens beim Zähneputzen an, da wird der Wasserhahn zugedreht. Beim Duschen, Blumengießen. Und: Wasser trinkt sie seit jeher. Natürlich auch mal Süßgetränke. Kinder sind schon zu 80 Prozent mit Wasser glücklich. Der Reiz, wie früher bei uns, eine Cola zu trinken, ist heutzutage nicht mehr so ausgeprägt. Kinder werden größtenteils gesundheitsbewusster erzogen.
Was schätzen Ihre Mitarbeiter, Familie und Freunde an Ihnen?
Ich denke, dass ich ein offener und ehrlicher Mensch bin, auch mit mir selber. Mir wird nachgesagt, dass ich fröhlich, unkompliziert, reflektiert, kompromissbereit, verlässlich, großzügig, loyal und warmherzig bin. Bei uns ist immer offenes Haus, jeder ist willkommen.
Was war beruflich und privat das Mutigste in Ihrem Leben?
Ich glaube, die Investition in den Neubau. Und die bewusste Trennung von meinem Mann. Ja, ich denke, beides war mutig. Doch ich habe nicht den Anspruch, in meinem Leben alles alleine zu stemmen, sondern hole mir in jeglichen Bereichen, in denen ich kann, Unterstützung. Einige meiner Unterstützer sind zu meinen Mentoren geworden und gehören auch zu meinem inneren Kreis.
Wie glücklich sind Sie?
Sehr glücklich. Ich habe eine wundervolle Tochter, eine spannende Aufgabe jeden Tag, ein tolles Umfeld. Mein Team hat mir Ende 2018 nach einer wirklich schweren Zeit in unserem Alltag eine so wunderbare Reflektion gegeben, dass ich Glückstränen vergossen habe. Auch, als ich kürzlich durch den Neubau gegangen bin und oben in der neuen Anlage stand, hatte ich feuchte Augen und dachte: Wow! Was ist das denn?
Ist es da nicht doch mal an der Zeit, sich auf die Schulter zu klopfen?
Nein. Ich will ja fröhlich weiterlaufen.
Apropos fröhlich weiterlaufen. Wohin würden Sie gern mal reisen?
Nach China. Mit dem Rucksack und Fahrrad das Land erkunden, in einem Reisfeld sitzen und einfach nur meinen Gedanken nachgehen.
Was wäre immer dabei?
Ich glaube mein Handy. Der Verantwortung muss ich mich als Unternehmerin stellen, nicht immer 24 Stunden, aber doch erreichbar zu sein.
Wen würden Sie gern mal treffen?
Michelle Obama. Ihr Buch „Becoming - Meine Geschichte“ habe ich gelesen. Eine großartige Frau, die sich weltweit ein bewundernswertes Standing geschaffen hat. Sie ist sozial engagiert, eine Frau mit Charakter, die Stärke verkörpert und Mut macht. Eine wirklich spannende Frau.
Sind Mut und Verantwortungsbewusstsein das, was Sie verbindet?
Vielleicht. Auch sie will die Menschen nicht bekehren, aber Aufmerksamkeit wecken, achtsam mit Mensch und Umwelt umzugehen. Und zwar jetzt und nicht irgendwann.
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