Norderstedt . Habib Samadi (28) ist von Afghanistan zu Fuß nach Deutschland gelaufen – auf der Flucht vor Krieg und Terror.

Mit einem gewinnenden Lächeln öffnet er seine Tür. Aufgeräumt ist es in der Einzimmer-Wohnung, eine Couch-Garnitur, gegenüber ein Fernseher, ein Esstisch, links die Küchenzeile. Eine Junggesellen-Wohnung. Habibola Habib Samadi ist aber kein Junggeselle. Er hat eine Ehefrau und zwei Kinder. Seit sechs Jahren hat er seine Familie nicht mehr gesehen, ebenso wenig wie seine Eltern und seine Geschwister.

Einst waren sie sieben Brüder und Schwestern. Ein Bruder wurde in Afghanistan von US-Bomben getroffen. Habib Samadi stand neben ihm. Er nahm seinen toten Bruder auf die Schulter und brachte ihn in sein Elternhaus. Als die Mutter ihren toten Sohn sah, fiel sie ins Koma. 2008 war das, als die US-Truppen Bomben auf Kandahar warfen. Zwei Kilometer lief er mit seinem toten Bruder auf der Schulter nach Hause. Auch ein weiterer Bruder wurde von den Bomben getroffen, Habib Samadi sammelte seinen zerfetzten Körper ein. Das ist die Pflicht eines Bruders. „Ich habe sehr schlechte Sachen erlebt und gesehen“, sagt er ruhig und lächelt. Doch hinter diesem Lächeln steckt eine tiefe Traurigkeit.