Norderstedt. „Alles gut“, hatte die Polizistin gesagt, bevor sich die etwa zwei Dutzend Radfahrer vor dem Coppernicus-Gymnasium in Norderstedt in Bewegung setzten, um sich am Kulturwerk mit weiteren Radfahrern zu treffen. Die Rechtslage war eindeutig: Teilnehmer eines Verbandes von mindestens 16 Radlern dürfen zu zweit nebeneinander auf der Straße fahren. Einen Flashmob hatten die Radfahrer geplant. Und auch wenn der Radfahrer-Pulk nicht sonderlich groß war – so manchem Autofahrer war das offensichtlich schon zu viel.
Ein Autofahrer wollte auf dem Gehweg überholen
Viele motorisierte Verkehrsteilnehmer in der kleinen Kolonne hinter dem Pulk kannten die Regeln für Radfahrer offenbar nicht und hupten empört drauflos, weil es nur mit Tempo 15 bis 20 statt mit 50 bis 60 voranging. Andere ignorierten die Regeln, die für sie selbst gelten: Auf dem Kirchenweg wollte ein Autofahrer ein Fahrzeug und die Radler überholen, musste dann aber auf der linken Fahrbahn vor dem Gegenverkehr stoppen. Ein anderer Autofahrer habe versucht, die Teilnehmer des Flashmobs auf einem Gehweg zu überholen, berichtete ein Teilnehmer.
Vielleicht wäre es doch besser gewesen, wenn die Polizei die Gruppe begleitet hätte. Entgegen aller Flashmob-Regeln war sie über die Aktion informiert worden und stand mit einem Streifenwagen parat. Angesichts der für einen Flashmob eher geringen Teilnehmerzahl erschien eine Absicherung mit Blaulicht jedoch nicht erforderlich.
Zum Vorbild andere Fahrrad-Flashmobs
Dabei sollte die Tour einfach nur Spaß machen. Radfahren, ein bisschen die Straße erobern und danach chillen und feiern – das war die Idee des Norderstedt Kinder- und Jugendbeirats (KJB), der dabei von der Arbeitsgruppe Jugend von Norderstedt Marketing unterstützt wurde. Nur durch Mund-zu-Mund-Propaganda und über den Kurznachrichtendienst WhatsApp sollte sich die Nachricht von der Aktion verbreiten. Zwei Gruppen sollten starten. „Wir hoffen, dass es 80 Teilnehmer werden“, hatte Oliver Jankowsky, Koordinator der städtischen Jugendabteilung, vor dem Start am Freitagabend gesagt.
Zum Vorbild haben die Veranstalter andere Fahrrad-Flashmobs und Critical-Mass-Aktionen genommen, von denen die Öffentlichkeit stets überrascht wird und die nur einem kleinen Kreis potenzieller Teilnehmer bekannt sind. Die Norderstedter Veranstalter von Critical Mass beschreiben ihre Philosophie so: „Wir behindern nicht den Verkehr, wir sind der Verkehr.“
Am Freitagabend weniger als 80 Teilnehmer
Dass es am Freitagabend keine 80 Teilnehmer wurden, dürfte weniger an der Idee als am Wetter gelegen haben. Kurz vor dem Start ging ein heftiger Schauer über Norderstedt nieder. Zwei Gruppen waren nach dem Regen unterwegs: die eine vom Coppernicus-Gymnasium und eine andere vom Schulzentrum Süd. Treffpunkt für die insgesamt etwa 40 Radfahrer war der Innenhof des Kulturwerks. Die Freigetränke zahlte der KJB, die Kosten für die Hot Dogs übernahm Norderstedt Marketing. Dazu legte eine DJ Musik auf.
„Wir haben die Idee für diese Aktion gemeinsam mit dem KJB entwickelt“, sagt Volker Heins von Norderstedt Marketing. Ziel sei eine Veranstaltung von der Jugend für die Jugend gewesen. Die Touren am Freitag bezeichnete Heins als einen ersten Test.
Veranstalter prüfen, ob der Flashmob wiederholt wird
Die jungen Radfahrer waren zufrieden und nahmen die Reaktionen mancher Autofahrer gelassen. „Alle waren genervt von uns“, sagte der 16-jährige Niko Hellmann am Ende der Tour. „Das war echt lustig.“ Der Regen habe ihn überrascht, aber die Stimmung und vielen nette Leute hätten ihm gefallen. Dann ging Niko zum Hot-Dog-Stand. „Ich habe jetzt echt Hunger!“
Die 15-jährige Kim Luplow hätte sich mehr Radfahrer auf der Straße gewünscht. „Mit noch mehr Leuten wäre es besser und noch cooler gewesen“, sagte die Schülerin. Sollte die Aktion wiederholt werden, will sie wieder dabei sein. Auch die 15-jährige Annika Quast wäre wieder dabei. „Ich fand es nicht gefährlich“, sagte sie nach der Ankunft am Kulturwerk. Ob der Flashmob wiederholt wird, wollen der KJB und Norderstedt Marketing prüfen.
Im März hatte der KJB am Fahrradforum in Norderstedt teilgenommen und sich für eine Stärkung des Radverkehrs ausgesprochen. „Wäre es nicht super, wenn wir irgendwann vielleicht auf dem Fahrrad schnell auf den Straßen durch Norderstedt fahren können?“, hieß es in einem Post auf der KJB-Fanpage bei Facebook.
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