Grundsätzlich verdient jede Initiative Respekt, die unsere Welt sauberer und uns gesünder macht. Das gilt auch für die Kampagne „Refill Deutschland“, der sich nun die Gemeindebücherei Ellerau angeschlossen hat. Mich persönlich macht die Aktion allerdings etwas ratlos.
Es beginnt beim krude sprachgemischten Motto „Refill Deutschland“. Deutschland wiederbefüllen? War es denn leer? Bei näherer Beschäftigung mit der Angelegenheit erfährt man jedoch, um was es geht: Bei den teilnehmenden Institutionen wie der Gemeindebücherei Ellerau kann sich jeder Besucher gratis Leitungswasser abzapfen, sofern er die Flasche dafür mitbringt. Erst wird also die Flasche wiederbefüllt, dann der Besucher. Damit ist das „Volk der Dichter und Denker“ das auf dieser Welt vermutlich Einzige, das zum Saufen in die Bibliothek geht. Logischerweise müsste es demnächst in der Kneipe pro Getränkebestellung ein Buchgeschenk geben, aber das mache ich erst zum Thema, wenn es soweit ist.
Bleiben wir beim Wasser. Wo ein Wasserhahn im öffentlichen Raume steht, konnte man schon immer das kühle Nass entnehmen, bevor „Refill Deutschland“ das erlaubte. Eine Gemeindebücherei ist ein öffentliches Gebäude, in dem es sicher mindestens einen WC-Raum mit Waschbecken gibt, an dem man aus der hohlen Hand trinken oder sich auch gleich zwei Flaschen abfüllen darf. Niemand würde das bemerken. Und wenn, würde es wohl kaum jemand verbieten. Grundsätzlich ist es ja richtig, darauf hinzuweisen, dass man Plastikflaschenmüll vermeiden soll und dass Leitungswasser ein gesundes Nahrungsmittel ist. Und es ist schön, dass dehydrierte Extremshopper, die sich stundenlang durch die glitzernden Erlebniswelten Elleraus gekämpft haben, in der hiesigen Gemeindebücherei Labung finden – und das noch für „umsünst“, wie norddeutsche Schnäppchenjäger mit Wohlwollen konstatieren werden. Aber muss es wirklich gleich eine Kampagne sein, mit Mehrfach-Slogan in unverwechselbar deutschem Oberlehrer-Stil: „Habe deine Trinkflasche dabei. Schütze unsere Umwelt. Trink genug Wasser. Lebe gesund. Spare Geld.“? Da vergisst man vor Schreck glatt, sich ein Buch auszuleihen.
Und das wäre doch schade.
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