Norderstedt

Gilt bald Tempo 30 auf der Ohechaussee?

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Christopher Herbst
Norbert Pranzas, Stadtvertreter der Linken, an der Kreuzung Ulzburger Straße/Ohechaussee. In diesem Bereich werden Stickstoffdioxidwerte gemessen, die über dem EU-Grenzwert liegen

Norbert Pranzas, Stadtvertreter der Linken, an der Kreuzung Ulzburger Straße/Ohechaussee. In diesem Bereich werden Stickstoffdioxidwerte gemessen, die über dem EU-Grenzwert liegen

Foto: Christopher Herbst / HA

Um die Luftbelastung mit Stickstoffdioxid zu reduzieren, fordern Norderstedter Linke Maßnahmen von der Stadt und der Landesregierung.

Norderstedt.  Es ist fast schon ein Ritual. Wann immer aktuelle Daten zur Luftverschmutzung im Kreuzungsbereich Ohechaussee/Ulzburger Straße sowie am Ochsenzoll-Kreisel thematisiert werden, gibt es zahlreiche Vorschläge, welche Maßnahmen denn die Belastung insbesondere mit Stickstoffdioxid senken könnten. Denn Norderstedt verstößt quasi täglich gegen EU-Recht. Maximal 40 Mikrogramm Stickstoffdixoxid dürfen gemessen werden, im Jahresschnitt sind es aber konstant 43 bis 45 Mikrogramm. Bedenklich sind die Spitzenwerte – ab dem späten Vormittag sind 100 Mikrogramm nicht unüblich. Nur am Theodor-Heuss-Ring in Kiel sind landesweit die Zahlen höher.

„Die Grenzüberschreitung ist eine rechtliche Maßgabe, dass die zuständige Behörde etwas machen muss“, sagt Norbert Pranzas, Stadtvertreter der Linken. Mögliche Maßnahmen gebe es viele: eine weiträumige Tempo-30-Zone zum Beispiel, Fahrverbote für Lkw, eine Umweltzone. Pranzas hat Anfang des Jahres für seine Fraktion eine Anfrage an die Norderstedter Verwaltung gestellt, die nun beantwortet worden ist – und das nicht zu seiner Zufriedenheit. „Die Zuständigkeiten werden hin- und hergeschoben.“

Denn seit 2015 wird der Luftreinhalteplan für Norderstedt überarbeitet. In diesem Katalog sollen konkrete Strategien formuliert sein, wie die Luftqualität verbessert werden könnte. Schon 2013 wurde ein solcher Plan aufgestellt, es gab ein Beteiligungsverfahren, man hoffte darauf, dass der Ochsenzoll-Kreisel einen positiven Effekt haben würde. Weil das nicht der Fall war, wurde der Luftreinhalteplan außer Kraft gesetzt. „Zurzeit wird an der Überarbeitung des Luftreinhalteplans gearbeitet. Bislang wird nach substanziellen Vorschlägen zur tatsächlichen Verbesserung der Lage gesucht. Eine verlässliche Prognose, wann ein neuer Entwurf fertiggestellt sein wird, ist zurzeit nicht möglich“, sagt Nicola Kabel, Sprecherin des Umweltministeriums in Kiel.

Was bisher getan wurde: montags bis donnerstags (15 bis 21 Uhr) sowie freitags (12 bis 21 Uhr) dauert die Grünphase auf der Ohechaussee Richtung Bad Segeberg vier Sekunden länger. Wie wirksam das ist, darüber kann die Stadt keine Aussage treffen. Bezüglich einer Umweltzone bleibt die Verwaltung bei der Meinung, dass hier Kosten und Nutzen nicht passen. Etwas weniger als 7000 Pkw beziehungsweise Nutzfahrzeuge in Norderstedt haben keine grüne Plakette, wären also von einem Verkehrsverbot betroffen – wobei hier auch der auswärtige Verkehr hinzugerechnet werden müsste. Gleichwohl würden die Fahrer Ausweichstrecken wählen, was auch bei einem Lkw-Verbot auf der Ohechaussee gelten würde. „Für die Ohechaussee stehen keine adäquaten Umleitungsstrecken als Alternative zur Verfügung“, heißt es.

Bleibt das Tempo-Limit auf dem Abschnitt der Ohechaussee zwischen Ochsenzoller Straße und Kreisel. Dieses würde jedoch die Stickstoffdioxid-Emissionen nicht verringern, sagt die Verwaltung, da die Geschwindigkeit aufgrund des Verkehrsaufkommens tagsüber häufig bereits unter 40 km/h liege. Ein weiterer Grund seien die dicht aufeinanderfolgenden Ampelanlagen. Allerdings schlägt die Stadt im Lärmaktionsplan (2013–2018) durchaus vor, das Tempo auf der Ohechaussee zu reduzieren, und zwar im weiteren Verlauf Richtung Westen. Das könnte nicht nur auf die Lärm- , sondern auch auf die Stickstoffdioxid-Belastung eine positive Wirkung haben.

Egal welche Maßnahme ergriffen wird, sie muss stets mit dem Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr abgestimmt werden, und die Funktion der Ohechaussee als Hauptverkehrsstraße muss bestehen bleiben. Solange sich die Emissionen nicht verringern, droht Norderstedt das Gleiche wie der Stadt Berlin. Dort hatte ein Anwohner 2016 erfolgreich vor dem Verwaltungsgericht erwirkt, dass auf einer viel befahrenen Straße eine Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h gelten muss. In der Urteilsbegründung hieß es unter anderem unter Verweis auf einen – gültigen – Luftreinhalteplan, dass eine Temporeduzierung die Belastung durch Stickstoffdioxid um bis zu 15 Prozent reduzieren könnte.

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