Norderstedt. Irgendwann war Tanja Salkowski (44) soweit. Es sei eine ganz klare, nüchterne Entscheidung gewesen, ganz ohne Panik. Geh zum Schrank, sagte sie sich, hol die Tabletten raus, schluck sie und setz deinem sinnlosen Leben endlich ein Ende.
Als sie kurze Zeit später auf allen vieren durch die Wohnung kroch und schließlich auf dem Küchenboden zusammenbrach, ploppte die SMS eines Freundes im Display ihres Handys auf. „Was machst du so gerade?“ Tanja Salkowski schrieb: „Ich bring mich um!“ Der Freund hielt das nicht für einen schlechten Witz und rettete ihr zum Glück das Leben.
Salkowski brauchte lange, um zu akzeptieren, dass sie nicht bekloppt, sondern depressiv ist. Ihre Rettung war schließlich eine monatelange Therapie. Ihre Erfahrungen verarbeitete Salkowski in einem Blog und dem Buch „Sonnengrau“, außerdem macht sie in Lübeck eine Radiosendung zum Thema im Offenen Kanal. Die Krankheit Depression und das Missverständnis, dass mit ihr kein erfülltes Leben möglich sein soll, ist Salkowskis Lebensthema geworden. In ganz Deutschland tourt sie mit Lesungen aus ihrem Buch, in Norderstedt liest sie auf Einladung der Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfegruppen (KIS) im Servicehaus der Arbeiterwohlfahrt.
Die Offenheit und Unmittelbarkeit, mit der Tanja Salkowski über das „Ungeheuer in meinem Kopf“ redet und schreibt, berührt Betroffene. Ihre Beschreibungen, Erklärungen und Lösungsansätze heben sich für sie wohltuend von der gewohnten therapeutischen Ansprache ab. „Etliche Leser haben mir erzählt, dass sie sich in der Geschichte von Frau Salkowski wiedererkennen. Sie schildert viele Facetten der Erkrankung, Krisen sowie komische Erlebnisse, die zum Lachen animieren“, sagt Sabine Ivert-Klinke von der KIS.
Die Lesung soll Betroffenen wie Angehörigen Mut machen. „Salkowski zeigt Möglichkeiten auf, mit einer psychischen Erkrankung in ein erfülltes Leben zurückzufinden. Bei den Anfragen an die KIS stehen Depressionen seit Jahren ganz oben.“ Etwa 20 Selbsthilfegruppen zu psychosozialen Themen gibt es im Kreis Segeberg. „Auch viele chronisch Erkrankte und Suchtkranke kennen depressive Phasen. Deshalb ist die Aufklärung über Depressionen für die KIS ein wichtiges Anliegen“, sagt Ivert-Klinke.
Bei der Lesung in Norderstedt wird es auch die Möglichkeit zum Gespräch geben. Außerdem besteht das Angebot der KIS, eine Selbsthilfegruppe für Menschen mit Depressionen in Norderstedt zu gründen.
Depression – na und? Eine Erfahrene berichtet, Mittwoch, 19. Oktober, 19 Uhr, Awo-Haus, In der Großen Heide 44. Eintritt frei.
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