Big Belly heißt der Sammler vor dem Rathaus. Er presst den Abfall und meldet dem Betriebsamt, wenn er voll ist

Norderstedt. Er ist ein Abfallbehälter, aber kein gewöhnlicher grüner aus Metall oder Plastik, wie sie überall in der Stadt herumhängen oder -stehen. Big Belly ist ein High-Tech-Gerät, ein Müllschlucker modernster Machart. Schon äußerlich unterscheidet sich der „dicke Bauch“, so der deutsche Name, von seinen herkömmlichen Zeitgenossen. In schickem Anthrazit steht er am Eingang zum Norderstedter Rathaus und wartet darauf, dass Menschen seine große Klappe öffnen und Papiertaschentücher, Bonbonpapier oder leere Kaffeebecher hineinschmeißen. Auch Zigarettenstummel nimmt Big Belly auf, dafür gibt es einen Extraeinwurf.

Doch noch stärker glänzt der Müllfänger mit inneren Werten. Oben auf dem Kopf trägt Big Belly Solarzellen. Sie liefern den Strom für seine wahre Stärke: die integrierte Presse. Was bisher in den Müllfahrzeugen den Inhalt der Tonnen komprimiert, soll nun auch im Kleinformat funktionieren. Der Abfall wird stark verdichtet.

Sensoren im Bauch des Behälters messen, wie voll das Innenleben ist. Haben Papier und Co. Sensorenhöhe erreicht, wird automatisch die Presse aktiviert. Die Technik bleibt allerdings im Verborgenen, das Pressen ist von außen nicht zu sehen und lässt sich auch nicht demonstrieren. Sobald die Tür geöffnet wird, steht die Presse aus Sicherheitsgründen still.

Mit einem Druck von bis zu 680 Kilogramm drückt sie auf das Müllvolumen. Jeder Pressvorgang dauert 41 Sekunden. Der Motor arbeitet mit einem Sechstel PS und einem DC-Zahnradgetriebe – und lässt das Volumen auf ein Siebtel schrumpfen. Dadurch schluckt der High-Tech-Sammler siebenmal mehr Abfall als die herkömmlichen 100-Liter-Behälter und muss deutlich seltener geleert werden. „Bisher mussten wir den Müllbehälter vor dem Rathaus dreimal pro Woche ansteuern, jetzt reicht eine Leerung alle 14 Tage“, sagt Rainer Pätzmann vom städtischen Betriebsamt, der für Kontrolle und Leerung zuständig ist.

Das spare Kosten, ein wichtiger Faktor, um die Müllgebühren möglichst stabil zu halten, und verringere den Ausstoß von CO2, weil die Müllfahrzeuge seltener fahren müssen – ein wichtiger Pluspunkt, hat sich Norderstedt doch das ehrgeizige Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2040 klimaneutral zu werden. Es soll nur so viel CO2 in den Himmel über der Stadt gepustet werden, wie auch gebunden wird.

Mit einem schnellen Blick auf Big Belly kann sich Pätzmann informieren, wie voll der Bauch ist. LED-Leuchten außen am Körper des Müllsammlers zeigen den Füllstand an. Kann Big Belly keinen weiteren Abfall verkraften, meldet er das per GPS-Signal ans Betriebsamt, sodass die Mitarbeiter sofort die Leerung veranlassen können.

Der neue Abfallbehälter soll nicht nur für Sauberkeit auf dem Rathausgelände sorgen, sondern steht gleichzeitig für Innovation, Ökologie und Ökonomie – Attribute, mit denen Norderstedt sein Image polieren und sich als nachhaltige Stadt darstellen will. Immerhin zählt die Stadt neben Neumünster zu den ersten Kommunen in der Region, die den Solar-Müllsammler eingeführt haben. Das Konzept scheint aufzugehen, Neumünster jedenfalls hat gerade schon die ersten modernen Müllsammler nachbestellt.

Premiere feierten die Big-Belly-Solar-Mülleimer in US-amerikanischen Großstädten wie Boston und New York. Im vorigen Jahr hat Hamburg die modernen Müllbehälter eingeführt. Das Betriebsamt der Stadt Norderstedt wird weitere dieser High-Tech-Behälter im Stadtgebiet installieren.

Die Mitarbeiter des Betriebsamtes prüfen zurzeit, welche Standorte sich dafür besonders eignen, bevorzugt solche wie der vor dem Rathaus, wo viele Menschen unterwegs sind und ihre Abfälle loswerden wollen. Mülleimer sind das eine, das richtige Verhalten das andere. „Ich möchte mich bei allen Bürgern dafür bedanken, dass sie einen Beitrag zum Umweltschutz leisten, indem sie die Mülleimer benutzen“, sagt Martin Sandhof, Leiter des Betriebsamtes.