In der Diskussion um Prepaid-Zähler legen die Norderstedter Stadtwerke Zahlen vor

Norderstedt. Strom nur auf Vorkasse. Die Norderstedter Politik diskutiert über die Einführung sogenannter Prepaid-Meter. Diese erlauben den Strombezug nur gegen Vorkasse, ähnlich einem Mobiltelefon mit Prepaid-Karte. Die Bundesregierung will die Verbreitung solcher Geräte vorantreiben und so die etwa 300.000 Fälle von Strom-Abschaltungen in deutschen Haushalten pro Jahr verhindern. Die finanziell schwachen Haushalte sollen mit dem Vorkasse-System vor dem Anhäufen von Energie-Schulden bewahrt und vor den zusätzlich entstehenden Kosten für die Abschaltungen geschützt werden.

Die SPD Norderstedt hatte die Einführung der Zähler in Norderstedt beantragt. In einem ersten Schritt sollte die Technik in den Asylunterkünften der Stadt eingerichtet werden. Den Grünen war das in der Gangart zu schnell. Sie stellten einen Prüfantrag an die Stadtwerke und baten um umfassende Information über die Lage in Sachen Stromabschaltungen in Norderstedt. Die Antworten auf dieses Fragen liegen nun vor.

Über allen Erwägungen steht zunächst die Frage, wie viele Haushalte in der Stadt eigentlich regelmäßig von Abschaltungen betroffen oder bedroht sind. Laut den Stadtwerken darf der Stromanbieter einen Anschluss sperren, wenn der Zahlungsrückstand die Grenze von 100 Euro überschreitet. In Norderstedt kommt es jeden Monat bei 250 Kunden zur Androhung der Abschaltung. 200 davon sind wiederkehrende, säumige Zahler. 150 Kunden bezahlen nach diesen Androhungen immer gerade so viel, dass ihre Schulden die Grenze von 100 Euro nicht überschreiten. 50 Kunden drücken die ausstehenden Beträge dem Mitarbeiter der Stadtwerke in die Hand, der den Anschluss sperren möchte, oder sie bezahlen am Tag der Sperrung am Kassenautomaten. Zur Sperrung der Anschlüsse kommt es am Ende monatlich bei 30 bis 50 Kunden. Zehn Tage vor der Sperrung wird diese schriftlich angekündigt. Neben den Stromschulden sind dann bereits 15 Euro Mahngebühren aufgelaufen. Das Sperren ist bei den Norderstedter Stadtwerken vergleichsweise günstig: 55 Euro werden dem Kunden berechnet. Andere Stadtwerke nehmen bis zu 100 Euro.

Um die Sinnhaftigkeit der Einführung in Norderstedt einzuschätzen, holten sich die Stadtwerke Vergleichswerte aus anderen Kommunen. Datenauswertungen eines Stadtwerks aus Nord- und aus Süddeutschland wurden angefordert. Die Kollegen dort hätten bereits 25, respektive 40 Vorkasse-Zähler im Einsatz, heißt es in der Beantwortung der Anfrage der Grünen. Die Erfahrungen in den Kommunen seien gut, denn tatsächlich würden die Zähler manchem Kunden aus der Schuldenspirale helfen – zumindest dem „subjektiven Empfinden der Stadtwerke-Mitarbeiter“ nach. „Es konnte nachgewiesen werden, dass die Außenstände gegenüber den Stadtwerken abgebaut werden konnten. Kunden mit einem Prepaid-Zähler geben ein positives Urteil über dieses Verfahren ab und möchten oftmals nach Schuldenabbau den Zähler behalten“, heißt es in der Vorlage an den Ausschuss. Die Kunden würden bewusster im Verbrauch der Energie und beim Einteilen ihres Monatsbudgets.

In ihrem Resümee halten die Stadtwerke die Anschaffung von etwa 50 Prepaid-Zählern in Norderstedt für sinnvoll. Die infrage kommenden Geräte kosten 500 Euro pro Stück, hinzu kämen Kosten für die Verwaltungssoftware in Höhe von 7500 bis 10.000 Euro. Gezwungen werden kann kein Kunde, den Zähler zu installieren. Wenn der Kunde es möchte, so wird in der Regel eine Einbaupauschale fällig. Andere Stadtwerke nehmen 100 Euro, weitere 10 Euro werden als Kaution für die Guthabenkarte verlangt.

„Wir werden über die Einführung auf Basis dieser Daten nun in einer Arbeitsgruppe beraten“, sagt Nicolai Steinhau-Kühl, der SPD-Fraktionschef. Dort wird sich die Politik auch mit der Kritik an den Zählern auseinandersetzen müssen. Denn Verbraucherverbände warnen vor einer Stigmatisierung der betroffenen Stromkunden. Das sieht auch Andreas Ruth, Leiter der Schuldnerberatung der Arbeiterwohlfahrt (Awo) in Norderstedt, so: „Auf der anderen Seite habe ich hier immer wieder Leute in der Beratung, die Stromschulden vor sich herschieben und denen so ein Zähler wirklich helfen könnte, ihre Situation in den Griff zu bekommen. Warum sollte man es mit den Zählern also nicht versuchen?“