Wenn die Betriebsausgaben für die Linie nach Kaltenkirchen steigen, könnte der Bund seine Zuschüsse streichen

Kreis Segeberg. Als im Dezember 2014 die Kosten-Nutzen-Analyse für den Bau der S-Bahn nach Kaltenkirchen vorlag, war die Erleichterung groß: Der volkswirtschaftliche Nutzen überwog die Kosten. Jetzt kommt heraus, dass die Differenz angesichts der hohen Investitionen und der Betriebskosten eher gering ausfällt. Gerade mal 430.000 Euro pro Jahr liegt der volkswirtschaftliche Gewinn über den Ausgaben, berichtet das Internetportal www.nahverkehrhamburg.de und beruft sich dabei auf Unterlagen der Landesregierung.

„Demnach liegt der gesamtwirtschaftliche Nutzen des Projekts bis 2025 bei insgesamt 4,08 Millionen Euro im Jahr“, schreibt nahverkehr.de. „Darin erfasst sind zum Beispiel Einsparungen durch Reisezeitverkürzungen, sowie niedrigere Pkw-Betriebskosten, da die künftige S-Bahn voraussichtlich mehr Autofahrer zum Umstieg auf die Bahn motiviert als die heutige AKN.“

Der rechnerische Nutzen ist für die Planer wichtig, weil davon die Zuschüsse des Bundes abhängen. Nur wenn die Kosten darunter liegen, zahlt das Bundesverkehrsministerium. Dabei geht es um enorme Summen: Bis zu 80 Millionen Euro könnten Oberleitungen, verlängerte Bahnsteige und andere Bauarbeiten kosten. Berlin würde davon 60 Prozent übernehmen. „Sollten dem Projekt weitere Kosten auferlegt werden, ist das bisherige positive Ergebnis gefährdet“, heißt es in der Kosten-Nutzen-Analyse der Firma Intraplan, die das Gutachten erstellt hat. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis liegt bei 1,12.

Die AKN arbeitet bereits seit 2014 an den Vorplanungen für die S-Bahn, die auf ihren Gleisen zwischen Hamburg, Quickborn, Henstedt-Ulzburg und Kaltenkirchen fahren soll. Im dritten Quartal könnte das Planfeststellungsverfahren beginnen, doch noch fehlt eine wichtige Voraussetzung. „Wir haben noch keine finale Entscheidung über das Projekt“, sagt AKN-Sprecherin Christiane Lage.

„Der Realisierung steht nichts im Wege“, sagt Birte Pusback vom Kieler Verkehrsministerium. „Der Faktor 1,12 ist gut, einer Förderung steht nichts im Wege.“ Problematisch werde die Situation erst dann, wenn der Wert unter eins liege. Das Ministerium gehe davon aus, dass einem investiertem Euro ein Nutzen von einem Euro und zwölf Cent gegenüberstehe.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Gero Storjohann, Mitglied im Verkehrsausschuss des Bundestages, glaubt ebenfalls nicht, dass die Förderung mit Bundesmitteln in Gefahr ist. „Ich mache mir da keine Sorgen“, sagte er. Die Förderung würde bei einem Kosten-Nutzen-Verhältnis von unter eins zwar entfallen. Doch eine weitere Kostensteigerung hält er für unrealistisch.

Storjohann ist ebenfalls optimistisch, dass der S-Bahnbetrieb zu keinem Arbeitsplatzverlust bei der AKN führen wird, obwohl höchstwahrscheinlich die Deutsche Bahn für den Zugverkehr verantwortlich sein wird. Auch AKN-Chef Wolfgang Seyb betont immer, dass die Gespräche mit den Landesregierungen über die Arbeitsplätze erfreulich verlaufen. Die Gegner des S-Bahnprojekts um den AKN-Aufsichtsrat Holger Wilke bleiben jedoch bei ihrer Kritik, dass eine elektrische S-Bahn bei hohen Kosten kaum Nutzen bringt und Arbeitsplätze gefährdet. Mit Dieseltriebwagen könne die AKN genauso schnell und umweltfreundlich fahren wie die S-Bahn.

Gemeinsam mit Gleichgesinnten hat Wilke die Initiative Pro AKN gegründet. Wilke hat außerdem eine Online-Petition beim Landtag eingereicht, die am heutigen Dienstag abläuft. Bis zum Montag haben mehr als 400 Menschen die Forderung „Verbleib Eisenbahnstrecke A1 bei AKN“ unterzeichnet. Wilke hat als Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat offene Briefe an Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Reinhard Meyer (SPD) und an den Hamburger Verkehrssenator Frank Horch (SPD) geschrieben und seine Forderungen bekräftigt.

Am Mittwoch sind Gespräche zwischen Pro AKN mit dem Staatssekretär Frank Nägele geplant.