Die Gemeinde hat auf ihrer Internetseite ein Pilotprojekt gestartet

Itzstedt. Geringe Wahlbeteiligung, kaum Besucher bei Ausschuss- und Gemeindevertretersitzungen, Nachwuchsprobleme in den Ortsvereinen der Parteien. Es gibt eine Reihe längst bekannter Symptome, die das Desinteresse an Lokalpolitik gerade im ländlichen Raum hinlänglich dokumentieren. Auch in Itzstedt gaben bei der letzten Kommunalwahl 2013 lediglich 48,8 Prozent aller Bürger ihr Votum ab.

Ab sofort möchte die Gemeinde die Bevölkerung stärker einbeziehen und hat hierfür ein Projekt gestartet, das gerade für ein Dorf dieser Größe im Kreis Segeberg ein Novum ist. Denn die knapp 2400 Einwohner können nun über einen Bürgerhaushalt Vorschläge zu einzelnen Themenpunkten abgeben. „Wir wollen ganz klein anfangen“, sagte Bürgermeister Peter Reese (CDU), als er gemeinsam mit Reinhard Schümann (FDP), dem Vorsitzenden des Finanzausschusses, sowie Jessika Harm (Amt Itzstedt) das Vorhaben präsentierte.

Alle E-Mails laufen beim Kämmerer des Amtes Itzstedt zusammen

Das Herzstück ist ein neuer Sektor auf der gemeindeeigenen Internetseite (www.itzstedt.de). Dort sind unter „Bürgerhaushalt“ sechs Bereiche aufgelistet: zentrale Verwaltung, Schule und Kultur, Soziales und Jugend, Gesundheit und Sport, Gestaltung der Umwelt sowie zentrale Finanzdienstleistungen.

Diese sind wiederum in 34 Unterpunkte unterteilt. Wer dann beispielsweise auf „Kindergarten“ klickt, sieht per grafischer Darstellung, dass die Gemeinde für das laufende Haushaltsjahr 2015 einen Ertrag von 96.800 Euro eingeplant hat, allerdings auch Ausgaben in Höhe von 268.800 Euro anfallen werden. Zum besseren Verständnis gibt es Kurzbeschreibungen zu allen Produkten. Bis ins letzte Detail sind die Posten gleichwohl nicht einsehbar, da die Seite ansonsten überfrachtet wäre.

Die Beteiligung läuft so: Wer meint, eine gute Idee zu haben, wie Einnahmen erhöht oder Ausgaben reduziert werden können, muss bloß eine E-Mail mit dem jeweiligen Betreff – etwa „Kindergarten“ – an buergerhaushalt@itzstedt.de schicken.

„Jeder kann von zu Hause etwas anklicken. Die Mails gehen dann direkt an den Kämmerer des Amtes, Herrn Plöger, also eine unabhängige Stelle“, so Peter Reese. Der Kämmerer sortiert die Vorschläge und leitet diese an den Finanzausschuss weiter. „Dort sitzen sieben Personen aus allen Fraktionen“, sagt Reinhard Schümann. Sie bewerten die Einsendungen hinsichtlich ihrer Machbarkeit. Ein Kriterium sei auch, so Schümann, ob ein höherer Verwaltungsaufwand gerechtfertigt sei.

Zwei konkrete Vorbilder aus dem Kreis gibt es mit Norderstedt (seit 2011) und Henstedt-Ulzburg (seit 2013), wobei in diesen Fällen jeweils weitaus mehr Bürger angesprochen werden. Dazu wurden hier gesonderte Internetseiten von einem externen Dienstleister konzipiert – einen derartigen finanziellen Aufwand kann und will Itzstedt nicht betreiben. Gemeinsam haben alle, dass die Bürgerhaushalte langfristig betrachtet werden.

Vorbilder sind die Bürgerhaushalte in Norderstedt und Henstedt-Ulzburg

„Wenn die Resonanz über drei, vier Jahre gleich null wäre, könnte man sagen, dass es gescheitert ist. Wir wollen es immer weiter verbessern. Die Bürger sollen in die politische Entscheidungsfindung eingebunden werden und nicht nur alle fünf Jahre zur Kommunalwahl gehen“, sagt Bürgermeister Reese. Den Anstoß hatte die FDP-Fraktion mit einem Antrag gegeben. „Wir haben es sehr ausführlich diskutiert und dann einen einstimmigen Beschluss in der Gemeindevertretung fassen können“, so Reese.

Vielleicht funktioniert es sogar gerade auf dieser sehr lokalen Ebene besser. Zumindest sind die Dienstwege in der Gemeinde Itzstedt kürzer als etwa in Norderstedt. Peter Reese: „Wenn Bürger Fragen haben, wissen sie auch, wo ich wohne oder welche Telefonnummer ich habe. Das gilt auch für Reinhard Schümann.“

In den kommenden Monaten werden alle Mails zunächst einmal gebündelt. Im Herbst, wenn die Beratungen für den nächsten Etat konkret werden, sollen dann möglichst auch die pfiffigsten Ideen aus der Bevölkerung berücksichtigt werden.