Vor einem halben Jahr wurden zehn Rohlstorfer Feuerwehrmänner schwer verletzt, als ein Auto-Gastank explodierte

Rohlstorf. Am 2. März ist Wachwechsel bei der Freiwilligen Feuerwehr in Rohlstorf. Dann übergibt Wehrführer Hugo Wulf, 61, offiziell das Kommando an seinen Nachfolger Stefan Kuhn, 36. „Es wurde Zeit, dass ein junger Mann das Steuer in unserer 37 Mann starken Wehr übernimmt“, sagt Wulf.

Seit 43 Jahren ist der Garten- und Landschaftsbauer aus der Gemeinde Quaal für die Freiwillige Feuerwehr Rohlstorf im Einsatz, und er wird noch einige Jahre drauflegen. Aber nicht mehr in verantwortlicher Position. Das macht jetzt Stefan Kuhn, der schon als 15-Jähriger in die Jugendfeuerwehr eintrat.

Viele Einsätze haben sie gemeinsam gefahren, alle gingen gut aus. Nur einer nicht, und der liegt gerade ein halbes Jahr zurück. Unter den gesundheitlichen Schäden, die sie davontrugen, haben sie heute noch zu leiden. Zum ersten Mal berichten sie detailliert von diesem Unglückstag, den sie und acht weitere verletzte Feuerwehrmänner nicht vergessen werden.

Es passierte am 15. August 2014, 8.30 Uhr, auf der Kreisstraße 56 zwischen Wardersee und Rohlstorf. Ein 53-jähriger Mann aus Lübeck raste aus bisher ungeklärten Gründen mit seinem mit Flüssiggas betriebenen Ford Focus gegen einen Baum. Als die Feuerwehr eintraf, explodierte plötzlich der Gastank des Fahrzeugs. Der Autofahrer erlitt schwerste Verbrennungen und starb noch am Unfallort.

Wehrführer Hugo Wulf, an jenem Tag der Einsatzleiter, erinnert sich: „Ich war etwa acht bis zehn Meter vom Unfallort entfernt, als es knallte. Als ich aufwachte, lag ich im Straßengraben und sah den Feuerball. Ich weiß bis heute nicht, wie ich dahin gekommen bin.“ Mit dem Rettungswagen wurde Wulf ins Hamburger Krankenhaus St. Georg gebracht. Dort wurden Verbrennungen 2.Grades am rechten und 1. Grades am linken Handrücken festgestellt. Erst nach drei Wochen wurde der Wehrführer entlassen.

Stefan Kuhn: „Als es brannte, habe ich mit meinem Leben abgeschlossen“

Einsatzkräfte, die noch näher an das Unfallauto heran mussten, erlitten keine Verbrennungen. Sie trugen außer den Schutzanzügen auch Atemschutzmasken und Flammenschutzhauben. Jene Feuerwehrmänner, die keine Masken trugen und von dem Feuerball getroffen wurden, kamen nicht so leicht davon.

Noch schlimmer erging es Stefan Kuhn, der hauptberuflich als Rettungskraft bei der Berufsfeuerwehr in Hamburg arbeitet. „Als es brannte, habe ich mit meinem Leben abgeschlossen“, erinnert er sich. Er stand auf der anderen Straßenseite neben einem Feuerwehrauto, nicht weit vom Flammeninferno entfernt.

Der dreifache Familienvater wurde, ebenso wie andere verletzte Kameraden, in ein Lübecker Krankenhaus transportiert. Die Ärzte stellten erhebliche Verbrennungen im Gesicht und an den Händen fest. In seinem Schädel fanden sich winzige Teile von einem geplatzten Autoreifen sowie geschmolzene Gummi- und Drahtreste.

Die Ärzte sprachen nach eingehenden Untersuchungen von Hauttransplantationen, entschieden sich dann jedoch dagegen. Heute gibt es glücklicherweise keine Spuren von Verbrennungen mehr in seinem Gesicht. Dafür an beiden Händen. Hier wurde Haut transplantiert, Stefan Kuhn trägt heute noch Kompressions-Handschuhe. Der neue Wehrführer ist krankgeschrieben, mindestens noch bis Mitte August dieses Jahres. „Solange ich die Handschuhe tragen muss, darf ich nicht arbeiten“, sagt er. Immerhin: Die Feuerwehr Unfallkasse Nord sorgt ein Jahr lang für einen vollen Lohnausgleich.

Neulich hat Stefan Kuhn einen Anruf aus Lübeck erhalten. Am anderen Ende der Leitung meldete sich die Ehefrau des tödlich verunglückten Autofahrers. „Sie erkundigte sich, wie es meinen Kameraden und mir geht“, sagt Stefan Kuhn. „Darüber haben wir uns sehr gefreut.“ Der Fall ist juristisch immer noch nicht abgeschlossen.

Hin und wieder, in privater Runde, reden sie noch über jenen Sommertag 2014. Einige, darunter auch Stefan Kuhn und Hugo Wulf, waren schon an der Unfallstelle. Die Frage, warum der Lübecker Autofahrer damals gegen den Baum raste und der Gastank des Ford Focus explodierte, können sie nicht beantworten.

Doch sie freuen sich auf den 30.März. An diesem Tag fahren die Feuerwehrmänner aus Rohlstorf auf Einladung des Innenministeriums nach Kiel. Minister Stefan Studt möchte sich für ihren hervorragenden Einsatz auf der Kreisstraße 56 bedanken.