33 Fälle von Infektionen mit dem Influenza-Virus sind im Kreis Segeberg bislang gemeldet worden

Kreis Segeberg. Anruf in einer Hausarzt-Praxis in Norderstedt am Montag: „Mit dem Doktor sprechen? Völlig unmöglich. Das Wartezimmer platzt aus allen Nähten – die Grippewelle rollt“, sagt die medizinische Fachangestellte. In zwei weiteren Praxen ist an diesem Morgen ebenfalls Land unter. Viele Norderstedter niesen, husten und fiebern.

Zwar handelt es sich bei den meisten Erkrankungsfällen nicht um die Grippe, also eine Infektion mit dem gefährlichen Influenza-Virus, sondern um simple Erkältungskrankheiten. Doch die Zahl der echten Grippe-Fälle steigt: 545 Fälle sind es landesweit bis heute. Spitzenreiter ist die Landeshauptstadt Kiel mit 202 Fällen, gefolgt von den Kreisen Pinnberg (63) und Steinburg (51). Im Kreis Segeberg sind insgesamt 33 Influenza-Infektionen bekannt, allein 14 davon wurden aber in der letzten Woche gemeldet – ein Indiz dafür, dass die Grippewelle nun langsam, aber sicher auch in den Süden des Landes schwappt. Die Zahl der Patienten in der zentralen Notaufnahme der Henstedt-Ulzburger Paracelsus-Klinik ist in den vergangenen Tagen deutlich gestiegen. Die Mitarbeiter spüren die Auswirkungen der ansteigenden Grippewelle unmittelbar. „Wir haben täglich ungefähr ein Viertel mehr Patienten als an normalen Tagen“, sagt Klinik-Sprecher Andreas Reins.

Die Ärzte in der Klinik haben sich gewappnet: Sie gehen davon aus, dass die Zahl der Erkrankungen in den nächsten zwei Wochen weiter zunimmt. Die meisten Erkrankten sind nach den bisherigen Erfahrungen des Klinik-Personals zwischen 30 und 40 Jahren alt – und nicht alle dürften nach der Untersuchung mit einem Rezept in der Tasche wieder nach Hause gehen: Wer gleichzeitig an Magen- und Darmbeschwerden leidet, muss in der Klinik bleiben. Andreas Reins: „Das betrifft etwa ein Drittel aller Grippepatienten, die unsere Notaufnahme aufsuchen.“ Die Krankentransportdienste haben von der Grippewelle indessen noch nichts gespürt. „Keine erhöhen Einsatzzahlen“, meldet der KBA aus Norderstedt.

In den Alten- und Pflegeheimen spielt die Grippe zurzeit keine große Rolle. Wenn es Kranke gibt, dann eher nicht unter den Bewohnern. Betroffen ist in erster Linie das Personal, aber zu Engpässen scheint es bisher noch nirgends gekommen zu sein. „Einzelne Grippepatienten“ unter den Bewohnern meldet das Haus Hog’n Dor, überhaupt keine Krankenfälle gibt es in der Altenpension Koornhooper Landhaus, „etwas höher“ ist der Krankenstand im Altenpflegeheim Scheel. Vor allem einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind hier ausgefallen.

Geschäftsführer Gunnar Löwe sagt, warum die Alten- und Pflegeheime kaum von der Grippewelle betroffen sind. „Die Bewohner gehen ja in der Regel nicht hinaus; vor allem gehen sie nicht dorthin, wo sie sich Grippeviren einfangen können, ins Herold-Center zum Beispiel.“ Wie viele Menschen tatsächlich an Influenza leiden, ist schwer zu ermitteln. Denn aktenkundig sind nur die Fälle, die beim Mediziner per Rachenabstrich festgestellt wurden. „Fast zwei Drittel der Menschen mit Grippesymptomen haben die meldepflichtige Influenza“, sagt Susanne Glasmacher, Sprecherin des Robert-Koch-Instituts (RKI). Hier werden die Abstriche im Nationalen Referenzzentrum für Influenza des RKI untersucht und gehen in den wöchentlichen Bericht der Arbeitsgemeinschaft Influenza ein. „Derzeit liegt die sogenannte Positivenrate bei 63 Prozent“, sagt Glasmacher. Ab 20 Prozent spreche das RKI von einer Grippewelle.

Das RKI empfiehlt die Grippeschutzimpfung insbesondere für Menschen ab 60 Jahren, chronisch Kranke und Schwangere sowie medizinisches Personal. Obwohl eine Impfung zu Grippesaisonbeginn im Herbst empfohlen wird, ist sie auch jetzt noch möglich. Allerdings dauert es bis zu zwei Wochen, bis der Impfschutz aufgebaut ist. Hinzu kommt, dass in diesem Jahr die Impfung bei einem der drei derzeit vorkommenden Virentypen nur sehr schwach wirke, so das RKI. Und gerade dieser Typ sei für besonders stark verbreitet.