Vor 50 Jahren pflanzte Karl Engelbrecht die Bäume, die jetzt vor dem Coppernicus-Gymnasium abgeholzt wurden

Norderstedt. Ein Haufen zersägter Stammteile liegt am Mittwoch vor dem Coppernicus-Gymnasium, die Reste der umfassenden Rodung vor der Schule von vergangener Woche. Karl Engelbrecht, 80, ist eigentlich erkältet und kränklich, doch er ist trotzdem gekommen, um sich anzuschauen, was aus den Schwarzkiefern geworden ist, die er selbst hier vor 50 Jahren gepflanzt hat. „Es tut weh, das zu sehen, diese gesunden Bäume, kläglich zersägt am Boden“, sagt Engelbrecht. „Ich verbinde viele Erinnerungen mit diesen Schwarzkiefern. Und da konnte ich nicht einfach stillhalten und wollte zumindest darstellen, dass mich die Fällung sehr getroffen hat.“

Karl Engelbrecht ist Diplom-Ingenieur und Landschaftsarchitekt. Sein Leben lang hat er sich mit der Gestaltung von Grünzügen, Parks und Außenanlagen beschäftigt. Unter anderem sei er rund um die Stadtwerke tätig gewesen, am Arriba-Bad oder auf dem Vereinsgelände des 1. SC Norderstedt. „An den Auftrag am ,Copp’ kann ich mich noch gut erinnern. Ich war gerade 30 Jahre alt und als freier Landschaftsarchitekt in Norderstedt unterwegs. Der Architekt des Coppernicus-Gymnasiums fragte mich: Willst du dir an einem Tag 500 Mark verdienen?“ Mit Handschlag wurde Engelbrecht so zum Gestalter der Außenanlagen der Schule. Er entschied sich für die Pflasterung aus Waschbetonplatten vor dem Eingang. Und für die Schwarzkiefern entlang der Front des Gebäudes. Lange wohnten Engelbrecht und seine Familie am Lütjenmoor. Seine drei Kinder besuchten das „Copp“ und die ganze Familie ist quasi mit den Bäumen vor der Schule groß geworden.

„Musste das Abholzen sein?“, fragt sich Engelbrecht. Er betont, er wolle nicht für Ärger sorgen und auch nicht weinerlich erscheinen. „Aber wurde der Wert der Bäume genügend abgewägt gegenüber den Kosten, die vielleicht der Schutz des Gebäudes gegen das Wurzelwerk verursacht hätte oder eine Planung, die die Schwarzkiefern bewahren würde?“ Die Schwarzkiefer sei damals ein Modebaum gewesen. Sein ökologischer Wert könne durchaus vernachlässigt werden. „Aber die Bäume waren kerngesund und hatten schätzungsweise einen Wert von vielleicht 20.000 Euro“, sagt der Landschaftsarchitekt.

Die Stadt hatte betont, das Abholzen sei von der Unteren Naturschutzbehörde abgenickt worden, somit sei die Fällaktion ein rechtlich einwandfreies Verwaltungshandeln. Die Wurzeln der Bäume hätten die Gehwegplatten hochgedrückt und die Bausubstanz der Schule angegriffen, die Kiefern hätten so viele Nadeln abgeworfen, dass der Hausmeister mit der Beseitigung überfordert gewesen sei.

Teile der Kommunalpolitik sind jedoch auf der Zinne und fragen sich, warum das rechtlich einwandfreie Verwaltungshandeln nicht zumindest transparent und ausführlich angekündigt worden ist. „Der Anblick ist kaum zu ertragen“, sagt Siegfried Heidorn, bürgerliches Mitglied der Fraktion Bündnis90/ Die Grünen. „Unverständlich ist für uns aber vor allem, dass solch ein massiver Kahlschlag von Stadtbild prägenden Bäumen, die für ein ökologisches Gleichgewicht sorgen, nicht rechtzeitig an die städtischen Gremien, Eltern, Lehrer und Schüler kommuniziert wird.“ Sybille Hahn von der SPD hatte kritisiert, dass sie sich als Kommunalpolitikerin nicht ernst genommen fühle, wenn die Verwaltung solche Fällaktionen nicht mit der Politik abstimme. Joachim Brunkhorst, Vorsitzender des Umweltausschusses und CDU-Stadtvertreter, geißelt diesen „Populismus“, der die Bevölkerung nur gegen die Verwaltung aufbringe. „Wir von der CDU setzen auf die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Verwaltung. Solche öffentlichen Angriffe sind da kontraproduktiv.“ Regelmäßig melde die Verwaltung Baumfällaktionen im Umweltausschuss an. Dass auch er bei Durchsicht der Vorlagen keine Meldung über die Fällaktion am Coppernicus-Gymnasium finden konnte, sorgt bei Brunkhorst für Klärungsbedarf. Doch er ist sich sicher, dass die Stadt und ihre Baumexperten nicht leichtfertig Bäume abholzen würden. „Wir sind allerdings auch dafür, dass die Stadt solche Aktionen großräumig ankündigt.“

Bescheid wussten die Betroffenen im Coppernicus-Gymnasium. „Wir haben mit der Stadt ja lange darüber diskutiert“, sagt Schulleiterin Heike Schlesselmann. Dass es eine radikale Lösung vor ihrer Tür geben würde, war ihr auch bekannt. „Es musste hier mal etwas passieren. Die gesamte Anlage ist über Jahre vernachlässigt worden. Jetzt haben wir die Chance, dass vor unserer 50-Jahr-Feier im April noch der Eingangsbereich neu gemacht wird.“