Das Norderstedter Theater Life spielt „Genau wie heute“ – ein Stück aus dem schwärzesten Kapitels deutscher Geschichte

Norderstedt. Die beste Freundin hat sie verpfiffen. Deshalb wird Charlotte jetzt von der Gestapo verhört. Sie, ein strammes BDM-Mädel (Bund deutscher Mädel), wird der Rassenschande beschuldigt. Ihre Peinigerin, die sie verhört, wirft ihr vor, mit einem Jungen geschlafen zu haben. Das allein ist schon schlimm genug. Aber mit einem Juden? Charlotte hat Ben versteckt, sie wollte ihn vor der Deportation ins KZ retten. „Genau wie heute“ heißt das Theaterstück gegen das Vergessen, das das Amateurtheater Life ab Sonnabend, 14. Februar, im Kulturwerk Norderstedt aufführt. Die Premiere beginnt um 19 Uhr.

Das Stück des jungen Autoren-Teams Lena Schlott und Peter McMahon ist eine schwere Aufgabe für das Team vom Kinder- und Jugend-Theater Life. Es führt die Schauspielerinnen und Schauspieler an die Grenzen der Darstellungskraft. Je mehr sie sich mit dem deutschen Kulturbruch des Holocaust auseinandersetzen, desto schwieriger wird es für sie, die Charaktere des verfolgten jüdischen Jungen Ben, des Mädchens Charlotte, die auch von ihrer Mutter drangsaliert wird, und der Gestapo-Peiniger in Szene zu setzen.

Avner Gruber war zwölf Jahre, als er ins Konzentrationslager verschleppt wurde

„Geholfen hat uns ein Zeitzeuge, der aus seiner Kindheit im Dritten Reich erzählte“, sagt Marion Buchholz, die Charlotte spielt. Dieser Zeitzeuge ist Avner Gruber. Zwölf Jahre war er alt, als er 1941 mit seiner Familie in der Bukowina, seiner rumänischen Heimat, ins Konzentrationslager Mogilev-Podolsk verschleppt wurde, der Anfang eines unvorstellbaren Leidensweges (Adi Herzog: „Kind im Niemandsland – Ein jüdisches Leben“, Europäische Verlagsanstalt, zu beziehen übers Internet.)

Als Gegenpol bauten die Autoren eine Welt des Mittelalters ein

„Ein Zeitzeuge erzählt authentisch seine Geschichte, das ist viel aufschlussreicher und ergreifender als Texte in den Geschichtsbüchern“, sagt Bennet Zerial, der Ben spielt.

Als Gegenpol bauten die Autoren eine Welt des Mittelalters ein, denn als Charlotte Ben bei sich versteckt, flüchten sie sich in eine Traumwelt und schreiben eine Geschichte übers Mittelalter, um dem lebensbedrohlichen Druck, dem sie ausgesetzt sind, für einige Momente entkommen zu können. Doch auch diese Welt ist geprägt von Klassenunterschieden, Zwängen und Verfolgung. Gemäß dem Titel „Genau wie heute“ ist das Theaterstück gegen das Vergessen als Brückenstück zwischen Heute, Gestern und Mittelalter konzipiert. Josh, der Junge von heute, stiehlt sich die Zeit mit Ballerspielen am Computer. Über diesen achtlosen Umgang mit dem Krieg ist seine Großmutter, gespielt von Monika Hiesener, entsetzt.

Sie beginnt, ihrem Enkel aus ihrer Kindheit im Zweiten Weltkrieg zu erzählen. Sie spricht über das deutsche Mädchen Lotte, die sich in einen deutschen Jungen verliebt. Doch er ist Jude, und das ist beim Rassenwahn des NS-Terrors eine tödliche Bedrohung.

25 Jugendliche stehen auf der Bühne. Regisseurin ist Silke Ahrens-Rapude. „Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote gab uns den Tipp für dieses Stück“, sagt die Theaterfrau, die das Theater Life und auch das Theater Pur gründete. „Wir setzen uns intensiv mit der Zeitgeschichte auseinander und versuchen zu verstehen, damit wir eine Wiederholung des Holocaust verhindern können“, sagt Ahrens-Rapude. Auch der Kulturverein Chaverim präsentiert sich bei dem Theater-Projekt.

Premiere für das Theaterstück ist am Sonnabend, 14. Februar, Kulturwerk, Am Kulturwerk 1. Weitere Aufführungen: Sonntag, 15. Februar, Kulturwerk, Sonnabend und Sonntag, 21.und 22. Februar, Festsaal am Falkenberg, Langenharmer Weg 90, in Norderstedt, jeweils 19 Uhr. Karten zu sieben Euro gibt es im Vorverkauf, unter Telefon 040/53532245 und an der Abendkasse.