Jedes Jahr wollen die Kleinen den schönsten Tag des Lebens feiern. Für die Eltern kann das in Stress ausarten. Wir haben uns in der Party-Szene des Kreises Segeberg umgeschaut und Tipps gesammelt

Sie schaut mich an, und ich bekomme Angst. Dieser Blick, so abwartend, so lauernd. Und wie betont beiläufig sie von dieser Freundin erzählt, die eine Freundin hat und diese Freundin gehe auf eine Schule, da gebe es ein Mädchen, die ist wohl ziemlich reich, also die Eltern des Mädchens; und dieses Mädchen also habe ihren letzten Geburtstag mit allen Freundinnen im dänischen Legoland gefeiert, und als Geschenk hätte es ein Pony gegeben. „Das ist doch ziemlich verrückt, oder Papa?“ Zehn Kinder im Kleinbus nach Billund zu karren, nur für den Ringelpiez zum elften Geburtstag, dazu ein Pony, das ist mit verrückt unzutreffend umschrieben. Während ich mir eine Reaktion überlege, kommt mir unwillkürlich Guido Westerwelles spätrömischer Dekadenz-Befund in den Sinn. Den versteht meine zehnjährige Tochter aber nicht. Deswegen sage ich: „Verrückt? Sind diese Eltern von allen guten Geistern verlassen worden? Das ist Wahnsinn!“

Denn diese Menschen wissen gar nicht, was sie damit anstellen, zumindest bei den Menschen, die nicht bereit sind, 2000 bis 3000 Euro in einen Kindergeburtstag zu investieren. Kinder, die so etwas erlebt haben, beginnen auf Geburtstags-Partys, bei denen nur auf Töpfen geklopft wird und deren Höhepunkt das ulkige Zerlegen einer Tafel Schokolade unter Verwendung von Messer und Gabel sowie Ski-Handschuhen und Taucherbrille ist, vor lauter Frust und Langeweile mit der Demolierung der Inneneinrichtung. Oder – noch schlimmer – sie kündigen dem einladenden Geburtstagskind wegen krasser Uncoolheit gleich die Freundschaft.

Meine Tochter hat auf die Legoland-Pony-Geschichte sicher nicht viel mehr als Entrüstung von mir erwartet. Doch sie spekulierte auch ein wenig auf ein abwägendes Naja, nur um auszuloten, ob – wenn nicht das Pony – zumindest Legoland eine Option ist.

Kindergeburtstag ist heute längst kein Kindergeburtstag mehr. Vielmehr ist es ein Wettbewerb. Wer hat die ausgefallenste, die kreativste, die originellste, die zumindest noch nie dagewesene Idee? Wer nicht will, dass die halbe Geburtstags-Zwergenversammlung gelangweilt aufstöhnt, wenn das Festtagsprogramm verkündet wird, der muss sich Arme, Beine und sämtliche Haare ausreißen als Erziehungsberechtigter. Da ist es wahnsinnig hilfreich, wenn manche einfach mit Geld um sich werfen und mit Superlativen klotzen.

Als Eltern beginnt man ganz klein im Geburtstagsgeschäft. Eine vier- bis fünfjährige Gästeschaar ist relativ leicht zufriedenzustellen. Da ziehen auch noch die romantischen Geburtstagsklassiker, die man selbst aus grauer Vorzeit noch rekonstruiert, etwa Eierlaufen. Im Rausch des Partyerfolgs bekundet man dann im Bekanntenkreis die Absage an alles Kommerzielle am schönsten Tag des Jahres für den Nachwuchs. „Wir halten das ganz traditionell, machen nicht so viel Brimborium!“

Wer ein Häuschen im Grünen hat, hält diesen Idealismus vielleicht sogar bis zur Pubertät durch. Wer in der räumlichen Beschränktheit einer Wohnung lebt, kommt irgendwann über die Suche nach passenden Party-Locations nicht vorbei, weil die stetig anschwellende Partygesellschaft mit ausgewachsenem Bewegungsdrang einfach nicht in die vier Wände passt. Wer es trotzdem wagt, macht die Erfahrung, dass so ein Kindergeburtstag eine in etwa so Nerven belastende wie Energie zehrende Erfahrung ist, wie drei Stunden River-Rafting auf Stromschnellen, während man sich dazu laufend mit einem Vorschlaghammer auf den Hinterkopf schlägt und Helene Fischer hört.

Und so steht jedes Jahr aufs Neue die Suche an. Was hatten wir noch nicht, was wollen wir noch mal. Kein Museum, kein Indoorspielplatz, kein Freizeitpark, in dem es nicht ausgefeilte Geburtstagsarrangements gibt.

Und, was soll ich sagen – als Eltern ist man dankbar für diese Arrangements. Weil die Kids diese Ausflüge lieben, weil die Party nie schiefgeht, weil die meisten Anbietenden wirklich bemühte und witzige Betreuer bieten, die es den Eltern ermöglichen, auf der Party des eigenen Kindes Gast zu sein und nicht nur Bedienung und Sozialpädagoge. Statt abgehetzt und genervt zu sein, kann man sich in aller Ruhe über die Begeisterung der Kinder freuen und gerührt sein, wenn das Geburtstagskind vom „schönsten Tag ihres Lebens“ spricht – und sich gedanklich auf das nächste Jahr vorbereiten.