Kreis bewilligt 60.000 Euro, Volkshochschulen bieten Deutschkurse auf dem Land

Norderstedt. Schnell und unbürokratisch will der Kreis Segeberg Flüchtlingen helfen, sich in ihrer neuen Umgebung zurechtzufinden. Dafür haben Verwaltung, Politiker und Volkshochschulen ein Projekt gestartet, das einmalig in Schleswig-Holstein ist: „Bei Ankunft Sprache“ heißt die Soforthilfe. Durschnittlich dauert es sieben Monate, bis Asylverfahren bearbeitet werden. Erst mit dem Status als Asylant entstehen Ansprüche auf Deutschkurse nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. „So lange wollen wir nicht warten“, sagte Segebergs Landrat Jan Peter Schröder. 60.000 Euro hat der Kreis für die Deutschkurse bewilligt. Wesentlicher Motor waren die 40 Volkshochschulen im Kreis, die sich immer wieder für die schnelle Sprach- und Orientierungshilfe stark gemacht haben.

Nadja Hahn, Chefin der VHS Kaltenkirchen, war Stammgast im Sozialausschuss des Kreises und hat erläutert, wie das Angebot organisiert werden soll. „Unsere Bedingung war und ist, dass die Volkshochschulen in die Fläche gehen – dahin, wo die Flüchtlinge sind, die nicht in die größeren Städte kommen können. Das hat das Land mit seinen Starterpaketen für Flüchtlinge (STAFF) nicht ausreichend geschafft“, sagte Rudolf G. Beeth, Vorsitzender des Sozialausschusses, der das innovative Begrüßungspaket einvernehmlich beschlossen hatte. Zwar habe das Land auf die steigende Zahl an Flüchtlingen reagiert und die STAFF-Mittel seit 2013 verdreifacht. „Damit bleiben zahlreiche Asylsuchende im Kreisgebiet dennoch unterversorgt“, sagte Ruth Gildemeister, Vorsitzende der Kreis-Arbeitsgemeinschaft der Volkshochschulen, die das Projekt zusammen mit ihren Kollegen, Mitgliedern des Sozialausschusses und dem Landrat im Norderstedter Rathaus vorgestellt hat.

„Wir sind bunt, professionelle, und vor allem schnell“, sagte Nadja Hahn. Die 60.000 Euro reichen für 20 Kurse mit jeweils 15 bis 20 Teilnehmern. „Wir sind bunt, professionell und vor allem schnell“, sagte Nadja Hahn. Die Flüchtlinge möglichst schnell nach ihrer Ankunft an die Hand zu nehmen, sei elementar. Es gehe darum, ihnen die sprachlichen Mittel an die Hand zu geben, wie sie sich vorstellen, sagen können, woher sie kommen, was sie können, aber auch darum, ihnen zu zeigen, wo und wie sie einkaufen können oder wo der nächste Arzt ist.

Neun Volkshochschulen machen mit. Allein acht Kurse wird es in Norderstedt geben, jeweils zwei in Bad Segeberg, Henstedt-Ulzburg, Kaltenkirchen, Bad Bramstedt und Wahlstedt. Je ein Angebot ist für Ellerau, Boostedt und Trappenkamp geplant. „Bei uns ist der Kursus am 27. Januar mit 22 Teilnehmern aus vielen Nationen wie Armenien und Eritrea gestartet – und ich muss sagen, er läuft hervorragend“, sagte Peter Leske, Geschäftsführer der VHS Wahlstedt. Zweimal pro Woche treffen sich die Männer und Frauen, um Deutsch zu lernen. „Und unsere Bürger tragen ehrenamtlich zum Erfolg bei. So nimmt eine Frau das eineinhalbjährige Baby, wenn die Mutter im Kursus ist“, sagt Leske. Auch die Kollegen betonen: „Wir wollen den Ehrenamtlern ihr tolles Engagement nicht nehmen, sondern sie im Gegenteil entlasten.“

Kreisweit bringen pensionierte Pädagogen Flüchtlingskindern Deutsch bei, andere übernehmen den Transport, die Willkommensteams bemühen sich, die Flüchtlinge freundlich zu empfangen und bei den ersten Schritten in der neuen Welt zu helfen. „Diese Unterstützung aus der Bevölkerung, zu der auch die hohe Spendenbereitschaft zählt, ist gar nicht hoch genug zu bewerten“, sagt Jochen Brems, Leiter der VHS Henstedt-Ulzburg. Er formulierte das Ziel der neuen Initiative so: Jeder Flüchtling, der will, muss sprachliche Hilfe bekommen. Mit den drei neuen Kursen werden in Henstedt-Ulzburg 45 Asylsuchende geschult, 109 sollen in diesem Jahr in die Gemeinde kommen.

Die Bildungsträger nutzen die Professionalität ihrer Dozenten und Ausstattung. Dazu zählt auch Einstufung. „Es kommen ja Menschen mit einer sehr unterschiedlichen Vorbildung. Akademiker, die gut Englisch sprechen und das lateinische Alphabet beherrschen, gehören genauso dazu wie Analphabeten oder Flüchtlinge aus dem arabischen Raum, wo von rechts nach links gelesen und geschrieben wird und auch Bildergeschichten aus unserer Sicht vom Ende her erzählt werden“, sagt Cornelia Ascher von der VHS Norderstedt. Ziel sei, die Teilnehmer so weit zu qualifizieren, dass sie später in die berufsvorbereitenden Integrationskurse einsteigen können.

„Die Grundlage für das neue Projekt war die seit langem existierende Kooperation unter den Volkshochschulen im Kreis Segeberg. So konnten wir uns auch in diesem Fall schnell zusammenfinden“, sagte Ruth Gildemeister. „Bei Ankunft Sprache“ schlägt schon Wellen: „Wir bekommen Anrufe von Bürgermeistern aus anderen Kommunen, die wissen wollen, wie wir die sprachliche Soforthilfe auf die Beine gestellt haben“, sagte Nadja Hahn.