Mitglied des Aufsichtsrates schaltet Petitionsausschuss ein: Elektrifizierung der Linie A1 soll gestoppt werden

Kaltenkirchen/Quickborn. Seit Jahren wird das rund 100 Millionen teure Verkehrsprojekt gefordert. Die Bürgermeister entlang der Strecke von Kaltenkirchen über Quickborn bis Hamburg-Eidelstedt sehen es als bahnbrechende Attraktivitätssteigerung ihrer Städte. Auch Hamburg und Schleswig-Holstein forcieren das Projekt, seit ein 160.000-Euro-Gutachten Ende 2014 die letzten Zweifel an der Elektrifizierung dieser Bahnstrecke ausräumte, die zurzeit das Bahnunternehmen AKN mit Dieseltriebwagen bedient. Jetzt will ein Mitglied des Aufsichtsrates der AKN die Uhr zurückdrehen und das Projekt aufhalten. Holger Wilke fordert den Petitionsausschuss in der Landeshauptstadt Kiel auf, „der Landtag möge beschließen, die Elektrifizierung der Eisenbahnstrecke Eidelstedt–Kaltenkirchen nicht weiter zu verfolgen und die Verkehrsleistung nicht an die S-Bahn Hamburg GmbH zu übertragen“. Dabei beruft er sich auf die überwiegende Meinung in der Belegschaft.

Holger Wilke fürchtet, dass zahlreiche Kollegen ihren Job verlören, wenn ab 2020 die S-Bahn aus Hamburg diese jetzt noch der AKN gehörenden Bahnstrecke bedient. Denn obwohl die Planung noch nicht abgeschlossen und der dafür notwendige zweigleisige Ausbau bei Eidelstedt und zwischen Quickborn und Tanneneck nicht angefangen hat, ist der Betrieb dieser Strecke als Stromgleis ohne Ausschreibung an die S-Bahn GmbH Hamburg vergeben worden.

Das bestätigen Dennis Fiedel von der Nah.SH GmbH, die den Bahnverkehr in Schleswig-Holstein organisiert, und der Sprecher der Deutschen Bahn, Egbert Meyer-Lovis. Dies sei im Verkehrsvertrag zwischen Hamburg und der S-Bahn im Juni 2013 im Verkehrsvertrag vereinbart worden, der von 2018 bis 2033 läuft.

AKN-Aufsichtsrat Wilke will das nicht als gegeben hinnehmen und hat den Petitionsausschuss eingeschaltet. Bis zu 100 der zurzeit 280 Arbeitsplätze könnten bei der AKN verloren gehen, wenn diese den lukrativsten Teil ihrer Hauptstrecke nicht mehr befahren könnte. In der Werkstatt in Kaltenkirchen wären wohl 30 der zurzeit 45 Mitarbeiter über, die Hälfte der 65 Lokführer würden bei der S-Bahn nicht mehr gebraucht, ebenso viele Mitarbeiter in der Verwaltung stünden zur Disposition, vermutet Wilke. Der AKN verbliebe noch die Weiterfahrt bis Neumünster und die weniger frequentierte A-3-Linie Ulzburg–Barmstedt–Elmshorn. Dann wäre es eine Frage der Zeit, bis die A-2-Linie Ulzburg–Norderstedt-Mitte elektrifiziert und von der U-Bahn übernommen würde, orakelt Holger Wilke. „Das ist zu wenig für die AKN, um zu überleben.“

Wilke sieht keinerlei Vorteile für die Fahrgäste, wenn die S-Bahn hier verkehrt. Auch die AKN könnte sofort im Zehn-Minuten-Takt Quickborn mit Hamburg verbinden. Schleswig-Holstein, dem die AKN mit Hamburg je zur Hälfte gehört, müsste dies nur wollen und bezahlen. „Wir fahren, was bestellt wird.“

Zudem seien die neue Dieseltriebwagen mit modernen Rußpartikelfiltern ausgestattet und mindestens ebenso komfortabel und leise wie die S-Bahnen, ist Wilke überzeugt. „Dass mit der S-Bahn alles schöner und besser wird, ist nur Heuchelei.“ In Ellerau müssten 32 Grundstückseigentümer Land für den zweigleisigen Ausbau abgeben und notfalls enteignet werden, damit die S-Bahn dann über ihre Terrassen fahren dürfte. Viel besser und kostengünstiger wäre es, den zweigleisigen Ausbau bei Eidelstedt zu schaffen, damit die AKN zum neuen S-Bahnhof Diebsteich nach Altona fahren könnte.

SPD-Landtagsabgeordnete Beate Raudies bestätigt den Eingang der Petitionsschrift. Als Berichterstatterin im Petitionsausschuss dürfe sie sich nicht dazu äußern. Erst einmal müsse das Verkehrsministerium eine Stellungnahme abgeben, sagt die Politikerin.

Thomas Köppl hat wenig Verständnis für die Initiative. „Ich hoffe natürlich, dass es eine vernünftige Lösung für die Mitarbeiter der AKN gibt und sie weiterbeschäftigt werden können“, sagt Quickborns Bürgermeister. Da seien die beiden Landesregierungen in der Verantwortung. „Aber die Mitarbeiter der AKN können nicht gegen den Strom schwimmen.“ Der Zug sei in Richtung S-Bahn abgefahren. Diesen Prozess aufzuhalten, sei nun zu spät. AKN-Vorstand Wolfgang Seyb teilt mit, dass an einem Konzept gearbeitet werde, „alle Arbeitsplätze bei der AKN zu erhalten“.

Dazu sagt S-Bahn-Sprecher Meyer-Lovis: „Zu den Mitarbeitern gibt es noch keine Entscheidung. Für den Betrieb brauchen wir Triebfahrzeugführer, die Zahl richtet sich nach dem Betriebskonzept und der Taktung.“