Die Schreibgruppe Friedrichsgaber Schreibstifte um Ingrid Weißmann nimmt noch gern neue Hobby-Autoren auf

Norderstedt. Sie schreiben von Maus und Mann, von fernen Ländern und heimischen Küsten, von Damals, Heute und Morgen. Sie rühren einen Geschichteneintopf an, geben auch gern einen kraftvollen Nachschlag, gewürzt mit Humor und viel Selbstironie.

Die sechs Schreiberinnen und Schreiber der Friedrichsgaber Schreibstifte sind eine muntere Gruppe um Norderstedts Krimi-Autorin Ingrid Weißmann. Sie schreiben sich die Sehnsüchte aus der Seele, die Gedanken aus dem Kopf und die Lebens-Verletzungen aus dem Herzen. Und die Geschichten, die sie bei der Lesung „Geschichteneintopf de luxe“ im voll besetzten Gemeinderaum der Johanneskirche lasen, sind hörens- und nachdenkenswert, amüsant und melancholisch zugleich.

Eine, bei deren Geschichten der Humor in jeder Zeile sitzt, ist Edeltraut Rabe. Mit Schwung rezitierte sie ihr Gedicht, mit Spannung baute sie ihre Geschichte „Wohnungssuche“ auf, die das Publikum mit einem unerwarteten Schluss erheiterte.

„Mich reizt das weiße Papier, das muss voll werden“, sagt die 59-Jährige. Sie packt in Geschichten, was ihr durch den Kopf geht, und was ihr das Leben bietet: „Wo Geschichten erzählt werden, da umarmt dich das Leben.“

Die Friedrichsgaber Schreibstifte treffen sich seit 2007 zum Schreiben, Lesen und Texte besprechen in der Johanneskirchen-Gemeinde an der Bahnhofstraße. Sie lesen ihre Geschichten in Seniorenheimen vor, bei der Nacht der Kirchen und waren zur Landesgartenschau 2011 im Himmelszelt dabei. Eine erste Ausbeute ihrer Geschichten haben sie in dem Büchlein „Geschichten aus Friedrichsgabe“ veröffentlicht, dass es für fünf Euro in der Gemeinde bei Pastor Eckhard Wallmann gibt. Lothar Fuhrmann, lange Jahre Kantor der Gemeinde und heute Leiter des Seniorenchores, steuerte einige feine Zeichnungen dazu.

„Wir sind eine offene Gruppe, wer bei uns mitschreiben und diskutieren will, ist herzlich willkommen“, sagt Ingrid Weißmann. Die Norderstedterin leitet seit mehr als 20 Jahren Schreibwerkstätten in Norderstedt und Umgebung und hat unter anderem mit „Liebe, Sax und kahle Köpfe“ (2005, Betzel-Verlag) und dem Norderstedt-Krimi „Ein Mord voraus“ (2011, Verlag Schardt, Oldenburg, 192 Seiten, 12,80 Euro) spannende Bücher vorgelegt.

„Ich schreibe seit mehr als 30 Jahren“, sagt die 74-Jährige. Und: „Ich nutze die 26 Buchstaben, um die Hürden des Alltags zu meistern.“ Sie ist begeisterte Krimi-Autorin, liebt Kabarett und stöbert gern in den Abgründen menschlichen Seins, um Stoff für ihre Krimis zu entdecken. Und sie lässt andere gern an ihrer Schreib-Begeisterung teilhaben. „Zu uns können jederzeit neue Schreibstifte kommen, egal, welchen Alters“, sagt Weißmann.

In der Johanneskirche stellte sie mit den Erzählungen „Heiße Sache“ und „Nur eine Nummer“ zwei hintergründige Geschichten vor, und wenn sie liest, funkelt stets ein ironisches Leuchten in ihren Augen. In „Heiße Sachen“ macht Weißmann sich mit viel Witz und in dichter Sprache über Gebrauchsanweisungen lustig.

Inge-Lore Hagemann kam zu Weißmann, weil sie ihr Leben für ihre Kinder und Enkel aufschreiben wollte. Das sollte gut lesbar werden. Heute schreibt die reisefreudige 80-Jährige Berichte über ihre Reisen durch die ganze Welt, beispielsweise in „Fernweh“ die Fahrt zum Strand in Scharbeutz oder in „Tennessee“ über den Blues in New Orleans und über einen Besuch in Elvis Presleys Villa. Auch ihre Erlebnisse in der Natur fasst die gelernte Elektro-Mechanikerin mit genauer Beobachtung in Geschichten.

Die Natur hat es auch Hans-Joachim Schüller angetan, der unter dem Titel „Blauer Himmel“, bedächtig lesend, den Vögeln ein kleines Denkmal setzt. „Ich habe immer Berichte für den Gemeindebrief der Johanneskirche geschrieben, und in der Schreibgruppe wollte ich mehr Übung bekommen“, sagt der 79-Jährige. Er ist viel zu Fuß und per Fahrrad unterwegs und schreibt seine Beobachtungen auf.

„Auch Begegnungen aus der Nachbarschaft verarbeite ich zu Geschichten“, sagt der pensionierte Kaufmann, um dann in wieder bedächtiger Art die Erinnerungen eines jungen Mannes an den Großvater zu lesen. Ihre Erinnerungen an einen Besuch in der damaligen DDR schrieb Waltraud Schmidt auf und gibt einen detaillierten Einblick in die Grauheit der Dörfer und Städte, erzählt von den Privilegien der Menschen, die sich arrangiert hatten, und von der Peinlichkeit, als Westdeutsche sofort im Restaurant einen Tisch zu erhalten. Die gelernte Verlagskauffrau hat eine Zeitlang eine kleine Zeitung herausgegeben. „Mich fliegen die Themen an“, sagt Schmidt.

Rüdiger Ries erzählt auf ganz andere Art. Er stellt sich vor, er sei eine Plakattafel und plaudert in der Ich-Form seine Erlebnisse mit den einzelnen Plakaten von den 50er-Jahren an aus, wie Sprayer die Werbe-Slogans verwandelten und Passanten ihre Dichtkunst austobten. „Ich bin bei den Schreibstiften, um aus dem Trott raus zu kommen, etwas anderes denken zu müssen und die Gedanken beim Schreiben zu ordnen“, sagt der 70-Jährige, der mit „Geschenke“ eine kurzweilige Geschichte vorlegte.

Für die Musik beim „Geschichteneintopf“ sorgte Jacob Stegemann mit einem Stück aus der Pathétique von Ludwig van Beethoven, einem romantischen Walzer als eigene Komposition und mit „November“ von Wolfgang Fuchs, dessen Stimmung der 16-Jährige einfühlsam interpretierte.

Die Friedrichsgaber Schreibstifte treffen sich alle 14 Tage donnerstags um 20 Uhr im Gemeindehaus der Johanneskirche an der Bahnhofstraße 77 und nimmt gern neue Mitglieder auf. Ingrid Weißmann berät unter Telefon 040/30986900 oder unter Ingrid.Weissmann@wtnet.de per E-Mail.