Die Gemeinde kauft Häuser, das Willkommensteam ist beim Start ins neue Leben behilflich

Henstedt-Ulzburg. Wenn Flüchtlinge nach Deutschland kommen, erleben sie ein in sich gespaltenes Land. Wer Glück hat, trifft offene, helfende Menschen, wer Pech hat, dem schlagen Kälte und Feindschaft entgegen. Im Kreis Segeberg sind die Gefühle gemischt: In Boostedt sollen bis zu 500 Asylsuchende in vier Wohnblöcken der Rantzau-Kaserne untergebracht werden. Vielen Einwohnern ist bei dem Gedanken nicht wohl. In Norderstedt und Henstedt-Ulzburg werden die Flüchtlinge auf besondere Weise begrüßt: Hier haben sich, wie auch in vielen anderen deutschen Orten, Willkommensteams gebildet. Deren Mitglieder machen es sich zur Aufgabe, die Neuankömmlinge im übertragenen Sinne an die Hand zu nehmen: 40 Aktive gehören zum Willkommensteam Henstedt-Ulzburg. Dazu kommen etwa 20 Frauen und Männer, die nicht immer, aber gelegentlich mit anpacken, um zu helfen.

Wer sich entschließt, aktiv dabei zu sein, um den Menschen aus fremden Ländern die Eingliederung in unserer Gesellschaft zu erleichtern, übernimmt eine Aufgabe, die zeitaufwendig ist, die Organisationsvermögen und Beharrlichkeit erfordert. „Alle, die nach Henstedt-Ulzburg kommen, werden von uns betreut“, sagt Heidi Colmorgen, die als Leiterin des Willkommens-Teams fungiert. Die engagierte Kommunalpolitikerin – Heidi Colmorgen ist stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD – weiß, was auf die aktiven Betreuer zukommt. „Einzelne von uns betreuen bis zu sechs Personen.“

Und es werden in der nächsten Zeit nicht weniger, eher mehr: In Henstedt-Ulzburg leben zurzeit 115 Asylsuchende, im Laufe dieses Jahres sollen etwa 100 weitere dazu kommen. Die Unterbringung und die Betreuung erfordert logistische Maßarbeit und viel Fingerspitzengefühl. „Bei der Bereitstellung von Unterkünften gucken wir immer zwei bis drei Monate voraus“, sagt Bürgermeister Stefan Bauer. Das Aufstellen von Wohncontainern in Modulbauweise war in Henstedt-Ulzburg bisher noch nicht nötig, der Bürgermeister möchte es auch in Zukunft vermeiden, aber ausschließen kann er es auch nicht. In der Praxis werden die ankommenden Flüchtlinge in angemieteten oder gekauften Häusern und Wohnungen untergebracht. Ein älteres Einfamilienhaus in Henstedt-Ulzburg kostet etwa 250.000 Euro – die Gemeinde zahlt diese Summen, um Unterkünfte zu schaffen. In der Beckersbergstraße hat die Gemeinde sogar ein ehemaliges Alten- und Pflegeheim mit vielen Zimmern erworben.

Einen Etat gibt es dafür nicht, entschieden wird von Fall zu Fall. Das Risiko scheint gering: Die Miete, die vom Kreis und Land getragen wird, deckt in etwa die Ausgaben für den Abtrag der aufgenommenen Kredite. Ziehen die Asylsuchenden eines Tages wieder aus, hat die Gemeinde den Gegenwert des Hauses. „Im günstigen Fall ist das ein Nullsummen-Spiel“, sagt Bürgermeister Bauer.

Die anfänglich befürchteten Proteste von Nachbarn sind weitgehend ausgeblieben. Heidi Colmorgen und ihr Team bemühen sich sehr, die ausländischen Mitbewohner unauffällig zu integrieren. „Anfängliche Ängste können schnell zerstreut werden, Proteste gibt es jetzt nicht mehr. Gegenseitiger Respekt und Rücksichtnahme erleichtern das Zusammenleben.“ Auch in Ulzburger Reihenhaussiedlungen haben sich die Bewohner aus unterschiedlichen Kulturen gut integriert. „Wir haben sogar Henstedt-Ulzburger erlebt, die ausgesprochen froh über die neue Nachbarschaft sind.“

Wenn die Flüchtlinge im Henstedt-Ulzburger Rathaus ankommen – meistens an einem Dienstag – werden sie von Mitgliedern des Willkommensteams begrüßt und mit den nötigen Informationen versorgt. Gemeinsam gehen sie zur Kleiderkammer, zur Tafel, wo es kostenlose Lebensmittel gibt, zu Ärzten. Inzwischen gibt es einen Nähkreis im Jugendforum Tonne, eine Hausaufgabenhilfe für Kinder, Sprachunterricht im Bürgerhaus (das Land hat auf das Betreiben des Willkommensteams 1160 Euro Materialkosten zur Verfügung gestellt), der SV Henstedt-Ulzburg bietet sportliche Aktivitäten an. Im alten Spritzenhaus Ulzburg an der Schulstraße wurde ein Materiallager eingerichtet, um gespendetes Geschirr oder kleine Möbel unterzubringen. Zwei technisch begabte Männer sind fleißig dabei, gespendete Fahrräder zu reparieren. „Eigentlich fehlt uns noch ein ständiger Treff für die Ausländer“, sagt Heidi Colmorgen, die zusammen mit anderen Teammitgliedern dabei ist, einen Leitfaden zu entwickeln, um bei der Flüchtlingsbetreuung nach einem einheitlichen Konzept systematischer vorgehen zu können.

Gesucht werden dringend weitere ehrenamtliche Helfer, um die in den nächsten Monaten noch umfangreichere ehrenamtliche Arbeit bewältigen zu können. Wer Interesse hat, kann immer montags ins Bürgerhaus kommen. Um 19.30 Uhr treffen sich die Teammitglieder, um sich auszutauschen und aufkommende Probleme zu besprechen. Am Montag, 26. Januar, wird der nächste Schritt gemacht: Aus dem Team wird ein Verein. Dann können Spendenbescheinigungen ausgestellt werden.