Im Vorjahr kamen 663 Kinder zur Welt, so viele wie seit Langem nicht. Verbesserte Kinderbetreuung wirkt sich aus

Norderstedt. „Unsere Kurse zur Geburtsvorbereitung sind komplett ausgebaucht“, sagt Birgit Harpering, Leiterin der Evangelischen Familienbildung in Norderstedt. Sie wertet die enorme Nachfrage als Indiz für einen Geburtenboom – ein Eindruck, den die Zahlen belegen: 663 Geburten verzeichnet die städtische Statistik für 2014, 40 mehr als im Jahr zuvor.

Die Zahl der neu geborenen Norderstedter zu ermitteln, ist nicht einfach, denn: Norderstedt hat kein Krankenhaus, Schwangere, die ihre Babys in einer Klinik zur Welt bringen, weichen meist nach Henstedt-Ulzburg in die Paracelsus-Klinik oder in die Asklepios Klinik Nord-Heidberg in Hamburg Langenhorn aus.

Damit bestätigt sich bei den Jüngsten der Trend, der insgesamt für Norderstedt gilt: Die Stadt wächst. Zumindest in den letzten Jahren ist die Geburtenrate kontinuierlich gestiegen. 2010 brachten Norderstedterinnen noch 576 Kinder auf die Welt, im Jahr 2012 waren es schon 588. Einen leichte Delle verzeichnet die Statistik für 2011, als die Bevölkerung „nur“ um 540 Neugeborene zunahm. „Eine stichhaltige Erklärung für den Trend gibt es nicht. Ich vermute eine Ursache für den Babyboom im vermehrten Zuzug von jungen Familien“, sagt Birgit Harpering. Das sei ein Eindruck, den sie aus den Gesprächen mit den Eltern, die die Kurse der Familienbildung rund ums Baby besuchen, gewonnen habe.

„Ich gehe davon aus, dass die offensichtlich steigende Lust auf Kinder auch am Ausbau der Kinderbetreuung liegt“, sagt Sozialdezernentin Anette Reinders. Die Stadt, die Kirche und freie Träger haben in den vergangenen Jahren Hunderte von Kita- und Krippenplätzen in der Stadt geschaffen und das Angebot deutlich erhöht. Wenn die Eltern ihre Kinder gut betreut wissen, fällt es den Müttern leichter, nach der Familienpause ins Arbeitsleben zurückzukehren – die Rückkehr in den Job ist, so die Dezernentin, inzwischen viel selbstverständlicher und gesellschaftlich akzeptierter als noch vor Jahren.

Während in Norderstedt mehr Kinder geboren werden, stagnieren die Zahlen im Kreis Segeberg und in Schleswig-Holstein. Kreisweit kreisen die Geburtenzahlen zwischen 2010 und 2013 um 2100, landesweit liegen sie zwischen 21.000 und 22.000. Hamburg hingegen verzeichnet wie Norderstedt einen konstanten Anstieg an Neugeborenen. 2011 lag die Zahl nach Auskunft des Statistikamtes Nord noch bei 17.125, im Vorjahr waren es schon 115 Babys mehr, die in der Metropole das Licht der Welt erblickt hatten. „Hier dürfte sich ebenfalls die verbesserte Betreuung der Kinder auswirken“, sagt Norderstedts Dezernentin Anette Reinders. Bundesweit hat es im Vorjahr einen kräftigen Schub gegeben: Im Jahr 2012 wurden in Deutschland 674.000 Kinder geboren, im vorigen Jahr waren es schon 8069 mehr.

Die Familienbildung hat auf die wachsende Nachfrage nach Kursen rund um die Geburt und die ersten Schritte ins Leben reagiert und das Angebot ausgebaut. Neu im Team ist Katja Busko. Seit 15 Jahren arbeitet sie als Hebamme und leitet die Kurse zur Geburtsvorbereitung und Rückbildung. „Bisher haben wir nur einmal Geburtsvorbereitung pro Halbjahr angeboten, mit dem Start ins Frühjahrsprogramm können sich werdende Eltern alle zwei Monate auf die Geburt vorbereiten“, sagt Birgit Harpering.

Katja Busko greift dabei einen Trend auf, der sich bundesweit beobachten lässt: An einem Wochenende erfahren Paare ganz kompakt und entspannt von Schwangerschaft, Geburt und Stillen alles, was sie wissen müssen, Übungen zur Körperwahrnehmung eingeschlossen. „Oft fehlt den künftigen Eltern in der Woche die Zeit, sie wollen nach einem intensiven Arbeitstag nicht noch in Hektik aufbrechen, um sich mit einem derart einschneidenden Erlebnis wie der Geburt ihres Kindes zu beschäftigen“, sagt die Hebamme, die ihre Berufserfahrung im In- und Ausland gesammelt hat. Eine Schwangerschaft sei eine Herausforderung für den ganzen Körper. „Wer da gegensteuern und sich möglichst fit halten will, kann einmal in der Woche am Kursus Bewegte Schwangerschaft teilnehmen“, sagt Katja Busko.

Weitere Infos zum Programm der Familienbildung gibt es online unter www.fbs-norderstedt.de