Gericht in Rastatt fällt mildes Urteil, weil es keinen Menschenhandel feststellt

Itzstedt. Weil er eine 15-Jährige aus Itzstedt auf einer Internet-Plattform zum Sex angeboten hatte, wurde am Montag ein Rentner vom Amtsgericht Rastatt zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen à 15 Euro verurteilt.

Der Fall hatte im vergangenen Sommer bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Das Mädchen aus Itzstedt galt eine Woche lang als vermisst. Nach einer filmreifen Flucht wurde das Duo auf einem Campingplatz in Rastatt bei Karlsruhe aufgegriffen. Der Bruder des Mädchens hatte die 15-Jährige auf einer illegalen Sex-Auktion einer Internet-Plattform entdeckt, ging zum Schein auf das Angebot ein und fuhr die rund 700 Kilometer ins Badische. Dort rief er die Polizei, welche die Schülerin, die offensichtlich freiwillig mit dem 63-Jährigen mitging, in die Obhut des Jugendamts brachte. Klaus G. wurde festgenommen, kam im Oktober gegen Auflagen jedoch auf freien Fuß. Wegen Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger musste sich der Rentner, ein Nachbar des Mädchens, nun vor Gericht verantworten.

„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“, meinte der Mann im schwarzen Kapuzenpulli. Staatsanwalt Daniel Fehrenbach nannte in seiner Anklageschrift sechs Treffen im September 2014, bei denen es unter anderem zu Oralverkehr mit Freiern kam – vornehmlich auf einem Parkplatz in Kayhude und auf dem Straßenstrich in St. Georg. „Der Preis betrug zwischen 30 und 50 Euro. Der Beschuldigte fuhr das Mädchen jeweils zu den Treffen. Mit seiner Vermittlung hat er so der Förderung sexuellen Handelns Minderjähriger Vorschub geleistet“, so Fehrenbach. Zuvor hatte der Angeklagte Nacktaufnahmen von dem Mädchen ins Internet gestellt. Auf Flohmärkten verteilte er Visitenkarten, wo er das Mädchen wie Ware anpries und „eine Stunde voller Spaß im Hotel oder im Auto“ versprach.

Bei dem Mann wurde eine Schreckschusswaffe gefunden

Mit dem Geld sollte die Flucht nach Süddeutschland finanziert werden. Offensichtlich wollte das Duo untertauchen, der Campingplatz in Mittelbaden befindet sich etwas versteckt unmittelbar an einem Autobahnzubringer. Zudem wurde eine Schreckschusswaffe bei dem Mann gefunden. Das milde Urteil des bislang nicht vorbestraften Mannes begründete Richterin Kirsten Lehning damit, dass es sich nicht um Menschenhandel, sondern um eine Paarbeziehung handle. Das Duo hätte nach wirtschaftlichen Möglichkeiten zur Existenzsicherung gesucht.

Ausführlich schilderte Klaus G. vor Gericht seinen Lebenslauf. Er habe mehrere Reisebüros geführt, die zu den erfolgreichsten eines Reiseveranstalters zählten. Danach habe er eine ältere, begüterte Frau kennengelernt. „Sie war 15 Jahre älter als ich. Wir waren zwölf Jahre zusammen. Als die Frau starb, sei er auf den Campingplatz nach Itzstedt gezogen, mittlerweile mittellos mit rund 300.000 Euro Schulden. Dort hätte sich das Mädchen, das dort ebenfalls lebte, in ihn verliebt, so der Mann.

Als es in die Beweisaufnahme ging, wurde die Öffentlichkeit ausgeschlossen, um die Intimsphäre der Schülerin zu schützen.