Stadtwerke haben langfristige Lieferverträge, die niedrigere Tarife verhindern. Zudem sind die Netzentgelte gestiegen

Norderstedt. Benzin ist so billig wie seit Jahren nicht mehr, der Ölpreis hat sich seit vorigem Sommer halbiert. Da müsste auch Gas günstiger zu haben sein, lautet die Schlussfolgerung vieler Verbraucher, haben viel doch noch im Kopf: Der Gaspreis ist an den Ölpreis gebunden. „Die Kopplung wurde schon vor Jahren aufgehoben“, sagt Olaf Nimz, Geschäftsführer der Stadtwerke Kaltenkirchen. Die Kunden könnten nicht vom Preisverfall des Erdöls profitieren, denn: Wie die meisten seiner Kollegen kaufen Nimz und seine Mitarbeiter Gas langfristig ein.

„Damit verhindern wir auch Preissprünge nach oben, wie sie durch die Krise in der Ukraine entstehen könnten“, sagt der Stadtwerke-Chef. Er und seine Kollegen der Stadtwerke in Norderstedt und Bad Bramstedt kündigen an, was die Verbraucher enttäuschen wird: Die Gaspreise bleiben stabil, beim Strom gibt es Preissenkungen in der Region.

„Die Menschen, die mit Öl heizen, können sofort vom niedrigen Preis profitieren. Wer Gas bezieht, ist in diesem Fall im Nachteil“, sagt Thomas Hagen, Sprecher der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein. Daran sei aber nichts zu kritisieren, denn die Einkaufspolitik der Versorger sei langfristig angelegt. Wem der Gaspreis zu hoch sei, der könne den Lieferanten wechseln. Diese Wahlfreiheit gibt es, seitdem der Energiemarkt liberalisiert wurde. Vorher hätten die Energielieferanten ein Monopol gehabt, da hätten die Verbraucherschützer schon sehr genau auf die Tarife gesehen und so manchen Rechtsstreit erfolgreich beendet.

Jetzt aber bleibe unzufriedenen Kunden nur, den Anbieter zu wechseln. Das lohne sich aber häufig nur mit Bonus und Treueprämie. Hagen rät wechselwilligen Verbrauchern, intensiv im Internet zu recherchieren und sich bei der Verbraucherzentrale beraten zu lassen und sich über schwarze Schafe zu informieren.

„Wir haben zwar eine gewisse Flexibilität in den Verträgen mit unseren Lieferanten. Dennoch müssen auch wir rechtzeitig einkaufen, um die Versorgungssicherheit der Bürger sicher zu stellen“, sagt Theo Weirich, Werkleiter der Stadtwerke in Norderstedt. Die Werke hätten den Gaspreis zum Jahresbeginn senken und einen Durchschnittshaushalt mit einem Verbrauch von rund 3000 Kilowattstunden pro Jahr um rund 30 Euro entlasten können.

Doch dann habe ihnen die Schleswig-Holstein Netz AG einen Strich durch die Rechnung gemacht und die Netzentgelte erhöht. „Dadurch hätten wir unsere Kunden noch um zehn Euro in diesem Jahr entlasten können. Doch darauf haben wir verzichtet, weil der bürokratische Aufwand beispielsweise durch die Anschreiben an die Haushalte teurer gewesen wäre“, sagt Weirich. Da die verminderten Tarife frühestens zum 1. April wirksam geworden wären, hätten die Kunden noch weniger gespart, da der Gasverbrauch im Sommer deutlich sinkt.

Auch beim Strom fressen gestiegene Netzentgelte günstige Einkaufspreise größtenteils wieder auf. Die S-H Netz AG hat zum Januar die Entgelte um 22 Prozent erhöht. „Das ist nötig, um den Ausbau und die Wartung der Stromtrassen zu finanzieren, die die Windenergie aus dem Norden in andere Teile Deutschlands transportieren sollen“, sagt Ove Struck, Sprecher der S-H Netz AG. Da das Leitungsnetz aber noch nicht ausreiche, um die gesamte Windenergie auf die Bundesrepublik zu verteilen, müssten Windräder zum Teil still stehen. Die Betreiber müssten dann, so Struck, von den Netzbetreibern entschädigt werden. Diese sogenannte Einspeisevergütung gehöre ebenfalls zum Netzentgelt.

„Wir haben die aktuellen Zahlen für die Netzentgelte gerade auf den Tisch bekommen und müssen jetzt rechnen“, sagt Norderstedts Stadtwerke-Leiter Weirich. Momentan könne er nicht sagen, ob die Strompreise sinken werden. Anders stellt sich die Situation in Kaltenkirchen und Bad Bramstedt dar: Hier hatten die Werkleitungen zum Jahresbeginn gute Nachrichten für ihre Kunden. Sie müssen weniger bezahlen, damit die Waschmaschine oder Kühlschrank laufen. In Kaltenkirchen gibt es den Premium-Strom im Sondertarif seit Jahresbeginn für 23,98 Cent pro Kilowattstunde, 0,18 Cent günstiger als bisher. In Bad Bramstedt soll der Preis zum 1. April sinken, für die Sondertarife „Roland Aqua Power“, „Roland Power Classic“ und „Roland Power Regio“ sogar um 0,32 Cent pro Kilowattstunde.