Der letzte, verkrustete Rest Käsefondue ist weggeknabbert.

Im Weihnachts-Naschteller dümpeln lediglich noch die knallharten Pfefferkuchen von Oma Ingeborg, die man pietätvoll erst Ende Februar heimlich entsorgt und von denen man auf Nachfrage Ingeborgs noch im März beschämt versichert, sie hätten, wie immer, großartig geschmeckt – was einem auch zum nächsten Weihnachtsfest eine volle Ladung dieses unverdaulichen Gebäcks bescheren wird. Wie immer.

Wir haben es also geschafft, und es kann losgehen mit dem Jahr 2015. Alles auf Anfang, Vorhang auf. Und schon kommen die Spielverderber um die Ecke und lamentieren: Der kalendarische Jahresanfang sei ein bloßes Kunstprodukt, Zeit ein durchgängiger, unendlicher Strahl ohne Anfang und Ende. Alles ein von Menschenhand vermurkster Schmarrn, sozusagen. Ich sage: Na und? Wenigstens überlegen wir uns auf diese Weise immerhin einmal pro Jahr ein paar gute Vorsätze. Wir Norddeutschen liegen damit sogar weit vorn. Laut einer Forsa-Umfrage fassen 51 Prozent von uns Nordlichtern konkrete Vorsätze fürs neue Jahr, bundesweit sind es nur 41 Prozent aller Mitbürger. Natürlich könnte man sich auch am, sagen wir mal, 27. Mai noch entscheiden, die Zigaretten jetzt endlich sein zu lassen oder sich zum Yogakursus anzumelden. Allerdings ist man dann nicht mehr so beflügelt vom Zauber des Anfangs, den ein frisch aufgeschlagener Kalender vermittelt. Die Illusion, ein neues Jahr verändere an sich schon alles und man müsse nicht mehr so viel an Eigenleistung erbringen, um neue Pfade zu betreten, motiviert uns quasi von selbst. Um es mit Boris Becker zu formulieren: Mental ist wichtig für den ersten Aufschlag.

Und einen ersten Aufschlag brauchen wir dringend. Ein neues Spiel, einen neuen Satz. Um den verballerten Matchball, das Eigentor aus dem Spiel davor zu vergessen und um überhaupt endlich mal alles, was uns noch letztes Jahr genervt, gedrückt und gequält hat, abzuhaken, einzutüten und im Endlager unserer Erinnerung zu archivieren. Damit wir durchatmen, mit Hoffnung im Herzen und freiem Schädel dem neuen Jahr die Stirn bieten können. Die nächsten Probleme kommen dann ganz von allein – das ist Naturgesetz.

Genau wie Oma Ingeborgs Pfefferkuchen.