In einer Reifenwerkstatt in Bad Bramstedt sorgt Minischwein Lotte bei Mitarbeitern und Kunden für gute Laune

Bad Barmstedt. Schwein gehabt: Lotte ist ein echter Glücksbringer. Handlich, borstig, clever – das Minischwein entzückt Mitarbeiter und Kunden beim Reifenservice Bad Bramstedt an der Bimöhler Straße. Wenn Lotte grunzt, sind alle seelig. Wenn Lotte quiekt, sind alle entzückt. Andere haben eine Katze, einen Hund oder bestenfalls einen Papagei, aber Kirsten Fehlauer und ihr Team haben sich auf die kleine Schweinerei eingeschworen. Damit gehören sie zu jenen Deutschen, die sich ein Schwein als Haustier halten.

Seit sechs Wochen ist Lotte der Liebling aller, die das Büro oder die Werkstatt des Reifenbetriebes in der Rolandstadt betreten. Wenn die Tür aufgeht, ist Lotte zur Stelle, umkreist die Beine der Besucher und lässt ein wohliges Grunzen hören. Dabei ist sie vorsichtig: Wer sie anfassen will, muss erst ihr Vertrauen gewinnen.

Es war die Idee von Kirsten Fehlauers Sohn Phil, die Reifenwerkstatt mit einem Schwein aufzupeppen. Aber auch das war eher ein Zufall: Freunde aus Lübeck wollten das Tier nicht mehr haben, Phil griff zu und brachte es ohne Vorwarnung in die Werkstatt, wo alle schnell von dem Minischwein begeistert waren und sich seitdem von Lotte um den Finger wickeln lassen.

Großer Aufwand ist nicht nötig, um das Minischwein bei Laune zu halten: Ein Katzenklo im hinteren Bereich des Büros zeugt davon, wie ordentlich die kleine Sau ist. Lotte ist nämlich stubenrein. Absolut und (fast) ohne Ausnahme. Trotz ihrer gerade mal 18 Wochen, weiß sie, was sich gehört. Gelegentliche Ausrutscher, meistens aus Protest, weil sie nicht genügend Beachtung findet, fallen kaum ins Gewicht und stören nicht. Schließlich entpuppen sich Hund oder Katze auch mal als „Protestpinkler“ – zumal, wenn sie noch nicht volljährig sind.

Werkstattchef Joachim Kutzborski hat die Fähigkeiten des Minischweins längst schätzen gelernt. Es ist zwar noch etwas scheu, zu den Kunden aber trotzdem sehr freundlich. Mit Trockenfutter und Gemüse wird es bei Kräften und bei Laune gehalten. Nur Karotten verschmäht der tierische Mitarbeiter. „Die Kunden sind durchweg begeistert“, sagt der Reifenexperte. „Bisher habe ich noch keine einzige negative Stimme gehört.“ Für die meisten Besucher des Reifenhandels ist das kleine Schwein ein Glücksbringer für das kommende Jahr. Sozusagen als angenehmer Nebeneffekt beim Reifenwechsel.

Die Weihnachtstage übrigens musste Lotte natürlich nicht in der Werkstatt verbringen. Sie durfte mit ins Privathaus, wo sie sich selbstverständlich sehr manierlich und anständig benahm.

Eigentlich wissen Kirsten Fehlauer und Joachim Kutzborski nur sehr wenig über ihre kleine Sau. Aber es gibt Experten, die sich intensiv mit solchen Tieren beschäftigen. Zum Beispiel Joachim Specht aus Neunkirchen im Saarland. Er züchtet seit etlichen Jahren Minischweine. „Sie werden immer beliebter“, sagt er. Als Minischweine bezeichnet man kleinwüchsige Hausschweine. Neben vielen originären Minischweinrassen bestimmter Regionen werden unter dem Begriff Minischwein vor allem Rassen und Linien zusammengefasst. Kurz gesagt: Joachim Specht kann seine Schweine keiner bestimmten Rasse zuordnen. Er hat sie durch Zukauf und Selektion so gezüchtet, wie sie jetzt aussehen. Um ein solches Allerwelt-Minischwein handelt es sich bei Lotte in Bad Bramstedt vermutlich auch. Bei kleinen Schweinchen haben allergieauslösende Milben keine Chance. „Deshalb halten immer mehr Menschen, die gegen Tierhaare allergisch sind, ein Minischwein“, sagt Joachim Specht.

Auch sonst haben die kleinen Hausschweine durchaus einige Vorteile gegenüber anderen Haustieren. Sie sind absolut sauber, relativ leise (dezente Grunzer und gelegentliche leise Quieker fallen kaum ins Gewicht und stören nicht), handlich, stubenrein, anhänglich. „Und sehr, sehr intelligent“, sagt Joachim Specht, der lieber nicht öffentlich sagen möchte, wie viele Schweine er pro Jahr züchtet. Etwa 150 Euro kostet ein Minischwein, das eigentlich, wie andere Schweine auch, ein Rottentier ist.

Es mag etwas makaber wirken, aber ein anderer Vorteil ist auch nicht von der Hand zu weisen: Minischweine eignen sich auch zum Verzehr. „Ihr Fleisch schmeckt wie das von Wildschweinen“, weiß Züchter Specht.

Davon wollen die Bramstedter Schweineliebhaber indessen nichts wissen. Lotte ist zum Liebhaben gedacht, nicht als Schweinebraten für den Backofen oder die Bratpfanne. Zum Beweis nimmt Joachim Kutzborski die Hundeleine vom Haken und geht mit Lotte Gassi. Einmal um die Werkstatt herum. Nötig ist das eigentlich nicht, es gibt ja das Katzenklo im Büro, aber schaden kann es auch nicht.