Überall erreichten die Pegel noch nie gemessene Höchstwerte. Feuerwehren und THW waren über Weihnachten im Dauereinsatz

Kreis Segeberg. Für viele Menschen im Kreis Segeberg war es ein unruhiges Weihnachtsfest: Weil sich etliche kleine Flüsse infolge des Dauerregens in reißende Bäche verwandelt hatten, waren viele Kräfte der Feuerwehren und des Technichen Hilfswerks im Einsatz, um Häuser in der Umgebung vor den Wassermassen zu schützen. Einsatzschwerpunkte waren Schmalfeld, Struvenhütten, Bad Bramdstedt und Kayhude, wo die Wassermassen bereits eine solche Kraft entfaltet hatten, dass angrenzende Wiesen großen Binnenseen glichen. Überall wurden die höchsten je gemessenen Wasserstände erreicht. Zwischen dem 23. und 25. Dezember wurden 130 Einsätze gezählt. Das schleswig-holsteinische Umweltministerium spricht von Werten, die statistisch gesehen nur alle 200 Jahre erreicht werden. „Das Wetter ist schon extrem, aber auf solche Extreme müssen wir uns einstellen“, sagte Umweltminister Robert Habeck. Er hatte Heiligabend an Lagebesprechungen teilgenommen.

Erika, 77, und Dieter, 83, Harps leben seit 34 Jahren in ihrem Einfamilienhaus unweit der Schmalfelder Au in Struvenhütten. Sie hatten in den letzten Jahren festgestellt, dass der Wasserstand des kleinen Flusses häufiger bedrohlich angestiegen war, aber noch nie war ihr Garten überschwemmt worden. „So etwas haben wir bisher noch nicht erlebt“, sagt Dieter Harps, der auch von Nachbarn gehört hat, dass die Schmalfelder Au niemals eine Bedrohung für die Anlieger darstellte – und viele von ihnen leben seit ihrer Geburt in Struvenhütten.

Als am 23. Dezember der Keller und die Garage vollzulaufen drohten, versuchte das Ehepaar zunächst, mit selbst installierten Pumpen das Chaos zu verhindern. Das gelang zunächst auch, aber irgendwann musste doch die Feuerwehr eingeschaltet werden. Um 11 Uhr resignierten sie: „Es war unmöglich, mit unseren Pumpen weiterzumachen.“ Feuerwehr und THW rückten an, installierten Pumpen und schleppten Sandsäcke. Bis 23.30 Uhr waren die Kräfte am 23. Dezember im Einsatz, Heiligabend ging es um 6.30 Uhr weiter. Bis in die frühen Morgenstunden des ersten Weihnachtstags liefen die Pumpen. Feuerwehrleute aus Struvenhütten, Stuvenborn, Hartenholm, Seth, Oersdorf und Hüttblek waren in Struvenhütten und Umgebung im Einsatz. Insgesamt 120 Kräfte waren nötig, um die Wassermassen in Schach zu halten. Hinzu kamen Mitarbeiter des THW aus Norderstedt.

Gemeinsam schafften sie es, schwere Schäden zu verhindern. In den Gemeinden Hitzhusen, Weddelbrook und Föhrden-Barl hatten sich auf den Feldern riesige Wassermassen gestaut. Überall standen Heiligabend und auch noch am ersten Weihnachtstag Einsatzkräfte bereit, falls das Wasser weiter steigern sollte. In Bad Bramstedt wurden Teile des Klärwerks überflutet, Feuerwehr und THW richteten gemeinsam einen künstlichen Damm auf, um das Gelände zu schützen. Noch am 24.Dezember hatten sich die Einsatzleitungen von Feuerwehr und THW in der Norderstedter Einsatzleitstelle getroffen, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Dann beruhigte sich das Wetter, am Nachmittag schien in weiten Teilen des Kreises Segeberg sogar die Sonne, aber am späteren Abend begann es dann wieder zu regnen.

„Das waren dann aber nicht mehr die Wassermassen, die an den Tagen zuvor heruntergekommen waren“, sagte Feuerwehrsprecher Dennis Oldenburg. Sechs bis sieben Liter Regen pro Quadratmeter wurden am 25. Dezember gemessen – damit ließ es sich nach all den Wassermassen an den Tagen zuvor schon fast bequem leben. Kurz vor 5 Uhr stellten Feuerwehr und THW fest, dass der Wasserstand der Schmalfelder Au gegenüber dem Vortag um 50 Zentimeter gesunken war. In Struvenhütten gab es Entwarnung, in Schmalfeld hingegen waren auch am ersten Weihnachtstag noch Einsatzkräfte vor Ort. Einsätze gab es an diesem Tag auch noch in Henstedt-Ulzburg und Kisdorf: Dort waren einige Keller voll Wasser gelaufen. In Henstedt-Ulzburg musste die Feuerwehr am ersten Weihnachtstag sogar noch gegen 11 Uhr ausrücken, um einen Keller vom Wasser zu befreien.

Zwar nicht bis zu Hals, aber doch bis zur heimischen Terrasse stand auch bei Abendblatt-Kolumnist Jan Schröter über Weihnachten das Wasser. Der Publizist und Autor lebt seit zwei Jahren gleich hinter der Kreisgrenze in der Gemeinde Wrist im Kreis Steinburg. Die Bramau, so Schröter, hatte einen Höchststand von 3,60 Meter erreicht, normal sind zwei Meter, im Sommer 1,50 Meter. In seiner Kolumne auf Seite te 3 können sie lesen, wie Kollege Schröter Weihnachten zwischen Sandsäcken in seinem „Haus mit Seeblick“ verbracht hat.