Die Flammen zerstörten ihre Wohnung in der Gaststätte Zur Mühle. Inzwischen ist eine große Hilfsaktion angerollt

Großenaspe. Der erste Blick fällt auf den Weihnachtsbaum. Die Tanne, etwa 60 Zentimeter hoch, steht auf einem Hocker in der Ecke. Liebevoll geschmückt, mit einer roten Baumspitze, mit bunten Kugeln und viel Lametta. Es ist 12 Uhr, die elektrischen Kerzen leuchten schon. Ein guter Freund hat die Tanne vor einigen Stunden vorbeigebracht.

Andrea Todt, 37, lebt seit einer Woche mit ihren Kindern Jannis, 5, Nathalie, 13, und Jessica, 18, in Großenaspe im Haus ihres geschiedenen Ehemannes, der zu einem Freund gezogen ist. Die Wohnung ist klein, anderthalb Zimmer für vier Personen. „Hoffentlich ist das nur vorübergehend“, sagt die alleinerziehende Mutter. Hier werden sie Weihnachten feiern. Obwohl ihr nicht danach zumute ist.

Andrea Todt hat den Schock ihres Lebens noch nicht überwunden – den Verlust ihrer persönlichen Habe und des gesamten Hausstandes beim Brand der Gaststätte Zur Mühle an der Brokenlander Straße vor einer Woche. Seit fünf Jahren lebte die Familie in einer Fünf-Zimmer-Wohnung im ersten Stock über der Gaststätte. Am Mittwoch, morgens gegen 9 Uhr, zerstörte ein Feuer das Gebäude und machte es unbewohnbar. Die Polizei hat das Gelände abgesperrt.

Nach ersten Mutmaßungen – die Segeberger Kriminalpolizei ermittelt noch – soll das Feuer im Saunabereich entstanden sein. Dagegen wehrt sich Gaststättenbesitzer Harald Todt, der das Gebäude verpachtet hatte, entschieden: „Das kann nicht stimmen, die Sauna war gar nicht in Betrieb“, sagte er dem Abendblatt. Brandstiftung soll es nach ersten Erkenntnissen nicht gewesen sein. Zum Glück waren Andrea und ihre Kinder nicht zu Hause, als das Feuer ausbrach.

Auch Asha, die Berner Sennenhündin, und die Katzen Paul und Diego kamen nicht zu Schaden. Nur Tom, der Kater, war bis zum Sonntag noch nicht wieder aufgetaucht.

„Ich habe alles verloren“, sagt Andrea Todt. Doch sie klagt nicht, denn inzwischen ist eine große Hilfsaktion angerollt. „Die Resonanz ist wahnsinnig, ich freue mich sehr“, sagt sie.

Anja Broscheit war die Erste, die auf den Hilferuf aus Großenaspe reagierte, nachdem Andrea Todt über Facebook von dem Unglück berichtet hatte. Anja Broscheit mobilisierte Freunde und Bekannte. Am Freitag, 9 Uhr, stand Anja Broscheit auf dem Hauptbahnhof in Neumünster und nahm viele Spenden in Empfang: Textilien, Spielzeug und Sachen für den Hausstand. „Unglaublich, diese Hilfsbereitschaft“, sagt sie. „Nie im Leben hatte ich mit einer solchen Resonanz gerechnet.“ Dinge, die Andrea nicht benötigt, soll das Deutsche Rote Kreuz erhalten.

Die Sachspenden stehen, bis Andreas Familie ein neues Zuhause bezieht, im Vereinsheim des 1. Dart-Club Neumünster (Norddart). Hier hatte Anjas Lebensgefährte, Vorstandsmitglied Oliver Sack, eine Superidee: Er veranstaltete am letzten Sonntag ein Benefizturnier. 16 Clubmitglieder nahmen teil, den Nettoerlös von 187 Euro erhielt Andrea Todt an Ort und Stelle. Sie ist Dart-Spielerin und Mannschaftsführerin des B1-Teams.

Gute Wünsche kamen in den vergangenen Tagen von vielen Seiten. Auch Nathalie Todt hat Post bekommen. Stolz zeigt sie ein DIN-A4-Blatt, das ihre Mitschüler und Mitschülerinnen von der Freiherr-vom-Stein-Schule in Neumünster ihr geschickt haben.

„Hallo Nanni“, heißt es auf dem Papier. „Wir wünschen dir alles Gute und ein schönes Weihnachten in dieser schweren Zeit. Wir freuen uns auf dich, deine UH!“

Leonie, Luisa, Anton, Marco, Justin, Leon, Kjell und all die anderen aus der 7. Klasse der Gemeinschaftsschule haben mit ihrem Namen unterzeichnet, Emdy, Tunii und Luisa haben noch ein kleines Herz dazu gemalt. Auch die Klassenlehrer Ulrike Pottel und Haju Kiel haben unterschrieben. Das Wiedersehen am Mittwoch, 7. Januar, dem ersten Schultag nach den Weihnachtsferien, wollen sie natürlich gemeinsam feiern.

Dann wohnen Nathalie und ihre Familie schon in ihrem neuen Zuhause. Hartz-IV-Empfängerin Andrea Todt hat am Tag vor Heiligabend von ihrer Fahrt mit allen Unterlagen zum Jobcenter am Kisdorfer Weg in Kaltenkirchen eine gute Weihnachtsbotschaft mitgebracht: „Die Sachbearbeiterin hat alles geprüft, und nach Rücksprache mit ihrem Chef steht fest: Am 1. Januar dürfen wir die Drei-Zimmer-Wohnung in Großenaspe beziehen, die uns eine Nachbarin nach dem Brand spontan zur Miete angeboten hatte. Das ist für mich das schönste Weihnachtsgeschenk.“