Sieben Polnische Koniks leben jetzt auf den „Wilden Weiden“ der Stiftung Naturschutz in Norderstedt an der Schleswig-Holstein-Straße

Norderstedt. Sie leben in der Wildnis zwischen Schleswig-Holstein-Straße und Glasmoor und sie sind jetzt sieben: Die Wildpferde mitten in Norderstedt. Sieben Hengste sind es, die zur Rasse der Polnischen Koniks gehören und die in der Geltinger Birk süd-östlich von Flensburg direkt an der Ostsee aufgewachsen sind. Drei der Hengste leben seit 2008 auf den Flächen der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein, vier sind im November neu zur Herde gestoßen und offensichtlich schon gut integriert. Ihre neue Heimat haben alle sieben Tiere jetzt am Rande der 43 Hektar großen Weidefläche, die sie sich mit 22 Galloway-Ochsen teilen.

„Die Tiere halten die Landschaft auf einem gewissen Level, denn sonst wächst alles zu“, erklärt Stiftungs-Sprecher Thomas Voigt. Das Konzept, das auch am Glasmoor zur Anwendung kommt, heißt „Halboffene Weidefläche“. Die Stiftung selbst nenne es „Wilde Weide“, so Voigt. Die Tiere dürfen sich auf der Fläche frei bewegen und werden von den Menschen größtenteils in Ruhe gelassen. „In Schleswig-Holstein und Hamburg kommen wir auf ungefähr 40 Weidelandschaften mit etwa 3500 Hektar“, sagt Voigt. Die größten sind das Gebiet Höltigbaum in Hamburg-Rahlstedt, das Schäferhaus bei Flensburg und die Geltinger Birk. Dort werden die Koniks seit 2002 für die Landschaftspflege eingesetzt. Jedes Jahr werden dort etwa 20 Fohlen geboren. Und da die Herde für das Naturschutzgebiet an der Ostsee zu groß wird, werden jährlich Tiere abgegeben – in private Hände und an andere Projekte wie in Norderstedt.

Die Polnischen Koniks haben wenig Scheu vor Menschen

Die Polnischen Koniks sind bekannt dafür, dass sie sehr neugierig sind. Auch wenn sie aus wilder Zucht stammen, haben sie wenig Scheu vor Menschen. Auf der Wiese in Norderstedt an der Schleswig-Holstein-Straße wagt sich der schwarze Junghengst am weitesten vor und versucht, mit langem Hals an den Zaungästen zu schnuppern. Zwar sind die Koniks eigentlich sogenannte Schwarzfalben, wie es in der Fachsprache heißt. Das heißt, sie sind dunkelbraun mit schwarzen Beinen und einer schwarzen „Gesichtsmaske“, die besonders bei den Jungtieren in Norderstedt ins Auge sticht. Aber es kommen auch immer wieder Rappen vor. Die robusten Ponys, die zwischen 1,30 und 1,40 Meter groß werden, können das ganze Jahr über problemlos auf der Weide bleiben. Selbst im Winter finden sie genügend Nahrung. Sie scharren gegebenenfalls den Boden frei, um an Gras zu gelangen, fressen auch andere Pflanzenteile und zertreten mit den Hufen das Eis. Die Landschaftspflege der Wildpferde in Norderstedt hat ein besonderes Ziel: Sie soll den Lebensraum für die Kreuzkröten erhalten, die seit 2009 zwischen Schleswig-Holstein-Straße und Glasmoor leben. Hintergrund dieses Projektes ist wiederum die Erweiterung des Umspannwerkes Hamburg-Nord. Dafür wurde der natürliche Lebensraum der vom Aussterben bedrohten Kröten benötigt.

Mittlerweile leben etwa 23.000 Kröten auf dem Gelände in Norderstedt

Das Unternehmen 50Hertz Transmission als Inhaber des Werks musste deshalb neue Lebensräume schaffen. So entstanden vor fünf Jahren die ersten Laichgewässer im Norden des Geländes, die derzeit trotz des Regenwetters ausgetrocknet sind. „Das ist auch gut so“, sagt Thomas Voigt. „Wenn die Gewässer nicht auch einmal austrocknen, siedeln sich über kurz oder lang Fische an und die fressen den Krötenlaich.“

Das Naturschutzprojekt in Norderstedt ging der Erweiterung des Umspannwerks voraus, denn: „Bei solch einer streng geschützten Art wie den Kreuzkröten müssen erst die Lebensräume geschaffen werden, damit der Bau beginnen kann“, erklärt Julia Voß. Die studierte Landwirtin arbeitet als sogenannte Flächenmanagerin für die Stiftung Naturschutz. Nachdem das Projekt mit den Kreuzkröten 2009 erfolgreich begann, habe sich nach 2009 der Kreis Segeberg beteiligt. Er hat Mittel aus dem eigenen Ausgleichsfonds, die für den Naturschutz eingesetzt werden müssen, für die teilweise Umarbeitung des Geländes in eine Sandlandschaft zur Verfügung gestellt. Kreuzkröten buddeln sich gerne in den Sand ein. Mittlerweile leben laut Voß etwa 23.000 Kröten auf dem Gelände, 2014 wurden 13.000 Jungkröten geboren.

Beim Fressverhalten sind die Tiere gut aufeinander abgestimmt

Dass auf ihrem Gelände auch Pferde und Rinder leben, stört die seltenen Amphibien nicht. Zwar sind in den lang gezogenen Sandhügeln, die zusammengenommen an eine Dünenlandschaft ohne Gras erinnern, auch immer ein paar Hufspuren zu sehen, aber die meiste Zeit verbringen Koniks und Galloways auf den Grasflächen. „Rinder und Pferde ergänzen sich gut“, sagt Thomas Voigt. Beim Fressverhalten sind sie gut aufeinander abgestimmt. Neben den Tieren sei zudem die Arbeit der Pächter für den Erhalt der Lebensräume wichtig, ergänzt Julia Voß. „Sie wirtschaften nach unseren Auflagen, ohne sie wäre der Naturschutz gar nicht möglich“, sagt sie.

Während nämlich die Koniks der Stiftung selbst gehören, sind die Galloways im Besitz von Dirk Andresen aus Neumünster. Bei ihnen wird in die Population eingegriffen, Andresen vermarktet das Galloway-Fleisch.