Radler-Initiative nominiert Kreuzung am Ochsenzoll für Negativpreis – Belange der Radler seien nicht berücksichtigt

Norderstedt. Radfahrer sind am Kreisel Ochsenzoll benachteiligt. Es fehlen Radfurten, damit die Radler die Einmündungen sicher überqueren können. Und auch sonst sei das neue Bauwerk fahrradunfreundlich. Unter dem Motto „schlimmer geht’s nimmer“ hat die Fahrrad-Initiative Cycleride den Kreisverkehr in Norderstedt jetzt für den „Pannenflicken 2014“ nominiert. Seit 2006 verleiht die bundesweit aktive Radler-Lobby den Negativpreis für „unzureichende, unzumutbare, unnötige, unmögliche, unbenutzbare und gefährdende Radverkehrsanlagen“.

„Wir haben schon viele unsinnige und gefährliche Radverkehrsführungen erlebt und gesehen. Eine derart einseitig ausschließlich auf die Belange des motorisierten Verkehrs ausgerichtete Gestaltung eines Verkehrsknotens wie im Falle des Knotens Ochsenzoll verschlägt aber auch uns beinahe die Sprache“, heißt es auf der Homepage von Cycleride. Würde es sich hier um ein Bauwerk aus den 1970er-Jahren handeln, so könne man den Verantwortlichen immerhin zugestehen, dass sie es damals nicht besser wussten. Aber der Knoten wurde nicht vor gut 40 Jahren so gestaltet, sondern im Jahr 2013. Norderstedts „Pannen-Knoten“ befindet sich in guter Gesellschaft. Auch in anderen deutschen Städten sind die Pannensucher von Cycleride fündig geworden (s. Info-Kasten).

Mit den Vorwürfen setzt sich die Kritik fort, die schon mit der Einweihung des teuersten Norderstedter Straßenbauwerks begann. Maßgeblicher Motor des Widerstands waren die Mitglieder des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) in Norderstedt. Sie fahren auf der Fahrbahn, weil es keine Radwege gibt. ADFCler Rolf Jungbluth hat Widerspruch gegen ein Schild erhoben, mit dem die Stadt die Situation entschärfen wollte: Das blaue Verkehrsschild erlaubt das Radfahren auf dem Überweg an der Einmündung der Langenhorner Chaussee in den Kreisel. „Der Gesetzgeber schließt die Anordnung dieses Verkehrszeichens für Zebrastreifen ausdrücklich aus, da es hohes Gefahrenpotenzial birgt“, sagt Jungbluth. Im Gegensatz zu Fußgängern seien Radfahrer nicht geschützt. Autofahrer müssten Fußgänger passieren lassen, Radler aber nicht. „Wer im Auto sitzt, rechnet nur mit Fußgängern. Und auf der Südseite sind die Sichtverhältnisse durch die Tunnelmauer extrem schlecht“, sagt Jungbluth. Ende März hatte er den Widerspruch ans Norderstedter Rathaus geschickt, Antwort hat er noch nicht. Es habe einen personellen Wechsel gegeben, er rechne im Januar mit einer Stellungnahmen der Stadt.

„Aus Radlersicht waren die Pläne für den Bau des Kreisverkehrs von Anfang an verkorkst“, sagt Jungbluth. Noch jetzt sei an den Radwegen abzulesen, dass die Radler den Kreisel ursprünglich gar nicht befahren sollten. Die roten Wege führen an den Einmündungen vorbei und nicht darüber hinweg. Die Radler sollten jeweils bis zur nächsten Ampel „einen Umweg“ fahren und dort die Segeberger und Langenhorner Chaussee überqueren. Deswegen müssten sie absteigen und schieben, wenn sie den Kreisel nutzen wollten.

Auf politischen Druck gab die Verwaltung ein Gutachten über die Sicherheit und den Radverkehr in dem Kreisverkehr in Auftrag. In der Expertise wird eine umfangreiche und teilweise teure Umgestaltung gefordert: Den Bau zusätzlicher Radwegfurten neben den Zebrastreifen, den Ersatz der Fußgängerampel auf der Segeberger Chaussee durch einen Zebrastreifen mit Radfurt nahe des Kreisels und insgesamt mehr Schilder zur Führung der Radfahrer.

Doch die Verwaltung lehnte ab. Alles soll bleiben, wie es jetzt ist. 900.000 Euro würde ein Umbau des Kreisels kosten – Kosten, die die Stadt allein stemmen müsste, denn: Bund und das Land als Baulastträger würden kaum zustimmen. Triftige Gründe, warum der Umbau nötig ist, könne die Stadt weder nach Kiel noch nach Berlin melden. Der Kreisel sei sicher, die Polizei habe keine Unfälle zwischen Autos und Fußgängern oder Radfahrern verzeichnet. Zusätzliche Radwegfurten seien laut Stadtverwaltung auch aus verkehrsrechtlichen Gründen auf dem Kreisel nicht möglich. Auch nachdem Cycleride den Kreisel Ochsenzoll für den „Pannenflicken 2014“ nominiert hat, sieht Norderstedts Baudezernent Thomas Bosse keinen Anlass für nachträgliche Umbauten: „Wir haben wiederholt dargelegt, warum aus unserer Sicht alles bleibt, wie es ist. Und daran ändert sich auch jetzt nichts“, sagt der Baudezernent.