Norderstedts SPD-Fraktionschef Jürgen Lange ist seit 50 Jahren Mitglied in der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

Norderstedt. Jürgen Lange wurde 1946 in eine Familie hineingeboren, wie sie sozialdemokratischer kaum sein konnte. Der Urgroßvater trat 1880 der SPD bei, da war die Partei gerade fünf Jahre alt. Vater Carl Lange war erster hauptamtlicher Bürgermeister von Harksheide, eingefleischter Gewerkschafter und Sozi. „Politik – das war wie das täglich Brot in unserem Haus“, sagt Jürgen Lange, 68. Mit Fug und Recht kann er behaupten, das politische Familienerbe mehr als bewahrt zu haben. Ralf Stegner, der Landesvorsitzende der SPD, hat ihm gerade die Ehrenurkunde für die 50-jährige Mitgliedschaft in der Partei überreicht.

Als Junge schärft er in der Falkengruppe, einem der SPD nahestehenden Kinder- und Arbeiterjugendverband, sein politisches Bewusstsein. „Wenn ich groß bin, sagte ich mir, dann geh ich auch zur SPD.“ Die 60er-Jahre, gesellschaftlich aufregende Zeiten, 1961 forderte Willy Brandt, die SPD-Lichtgestalt und Berlins regierender Bürgermeister, den CDU-Übervater Konrad Adenauer im Kanzleramt heraus. Gleichzeitig ließ DDR-Chef Walter Ulbricht Berlin mit einer Mauer teilen. Und Jürgen Lange klebte in Harksheide Plakate für Willy und erlebte ihn als Wahlkämpfer auf dem Harksheider Markt. „Aber auch die Parteivorsitzenden Kurt Schumacher und Erich Ollenhauer habe ich noch erlebt und wurde von ihnen tief beeindruckt.“

Das eigene Parteibuch hielt Jürgen Lange 1964 im Alter von 18 Jahren in den Händen. „Als Sozi war man damals in den Augen der Bürgerlichen noch ein richtig schlimmer Finger.“ Nachdem er eine Lehre als Kfz-Mechaniker abgeschlossen und drei Jahre in dem Beruf gearbeitet hatte, machte er sein Fachabitur und warf sich 1969 in ein Ingenieursstudium mit Ausrichtung zum Berufsschullehrer. Und wie von dem amerikanischen Schriftsteller Jack Kerouac befohlen, macht er sich on the road. Getrieben vom Fernweh reiste er im klapprigen VW-Bus durch den Maghreb, fand in den Wüsten Tunesiens und Lybiens seine Lieblingslandschaften, lernte sich und Menschen aus aller Welt kennen. Die Rastlosigkeit ist dem Weltenbummler bis heute geblieben.

Eine Episode in den Peruanischen Anden, vor den Toren der Inkastadt Machu Picchu, illustriert Jürgen Langes politisches Credo der „klaren Kante“, mit dem der Lehrer seit 1986 in der Norderstedter Kommunalpolitik zur prägenden Figur wurde. Neun Stunden mühsamer Aufstieg lagen hinter Lange, als er schließlich vor einem Peruaner am Eingang der Tempelruine zum Stehen kam. „Der wollte umgerechnet 9Mark Eintritt – horrend viel Geld. Das war Beschiss.“ Lange drehte sich um, ging und kam nie wieder. Als er 1986 als SPD-Neuling und stadtentwicklungspolitischer Sprecher in der Stadtvertretung debütierte, sollte er gleich die CDU-Pläne zur Verlegung der Bundesstraße 432 kippen (was gelang). Außerdem rückte er in den Magistrat der Stadt auf, die „Krönung für einen Lokalpolitiker“, wie er sagt. Damals war der Bürgermeister nur Verwaltungschef, die Entscheidungen traf der Magistrat. Eine Macht und Verantwortung, vor der Lange Respekt hatte. „Wir waren über alles informiert. Und ich studierte sämtliche Unterlagen akribisch.“ Kommunalpolitik, sagt Lange, das sei diszipliniertes Unterlagenstudium und absolute Sattelfestigkeit in Kommunalrecht sowie Satzungs- und Geschäftsordnungsfragen. Zu wissen, was wo wie steht, sei entscheidend für den politischen Erfolg. Bis heute wird Lange nicht müde, das bei allen Mitstreitern in der Politik einzufordern. „Wer sich nicht auskennt, der ist auf die Aussagen der Verwaltung angewiesen. Mir kann keiner was erzählen!“

Die SPD, sagt Lange, habe mehr für die Demokratie in Deutschland getan als alle anderen Parteien. Die soziale Gerechtigkeit ist für ihn immer noch sozialdemokratisches Kernthema. Die Ära Schröder mit der Agenda 2010 war für Lange keine einfache Zeit. „Obwohl – Schröder hat wenigstens nicht geeiert. Ich schätze Menschen, die ihr Mäntelchen nicht in den Wind hängen.“ Als kommunalpolitische Highlights sieht Lange seine Anträge für die Verlängerung der Oadby-and-Wigston-Straße, die Verbindung der Schleswig-Holstein-Straße zur Autobahn 7, das Gewerbegebiet Nordport oder den Ausbau der Gemeinschaftsschule Harksheide. „Die geordnete Entwicklung meiner Heimatstadt liegt mir am Herzen, das Wachsen ohne Wildwuchs.“

Und so wird er weiter wirken in der Stadtvertretung und der SPD. Auch wenn die Altersmilde die klare Kante abgestumpft hat. „Ich hätte am Machu Picchu die 9 Mark wohl doch zahlen sollen.“