Eine Glosse von Manfred Scholz

Bei Familie Schönemann (Namen von der Redaktion geändert) brennt Mitte Dezember der Adventskranz, bildlich gesprochen. Mit viel Liebe hat die Ehefrau Christiane das ganze Haus dekoriert. Eine Lichterkette funkelt am Fenster, auf dem großen Spiegel im Flur prangt eine güldene Girlande. Die Kissen im Wohnzimmer stecken in Bezügen mit Engelsmotiv. Bunte Plastikkugeln, Glocken und Sterne liegen auf Tischen, Kommoden und sogar im großen Bücherregal. Allüberall blinken weihnachtlich LED-Kerzen. Christiane dekoriert halt für ihr Leben gern! Sie kauft, was sie entdeckt, um das Zuhause „schön“ zu machen.

Ihr Ehemann Martin findet das schrecklich. Er ist Purist. Ein schlichter Adventskranz ist für ihn schon das höchste der Gefühle. Dazu noch eine ganz bestimmte Sorte Plätzchen – mehr braucht er nicht. Martin liebt es eben minimal. Was tun, wenn ein Deko-Freak auf einen Ästheten trifft? „Ich brauche den Weihnachtsklimbim nicht“, sagt Martin. Tief durchatmen, sagt er sich. Er will dem traditionellen adventlichen Knatsch ausweichen. „Können wir nicht wenigstens die Küche“, fragt er seine Ehefrau, „zu einer schmuckfreien Zone machen?“ Pikiert weist Christiane den Vorschlag zurück. Laut knallt sie die Tür hinter sich zu. Wenig später dröhnt aus dem Nebenzimmer ihre momentane Lieblings- CD – sehr laut. Der Titel: „Rock Christmas“.

Abends gab es dann einen Kompromiss: Die roten Elche aus der Küche stehen jetzt im Gästeklo, der extrem übergewichtige Weihnachtsmann auf dem Balkon. Der häusliche Frieden ist allerdings extrem gefährdet. Am Wochenende lockt der nächste Weihnachtsmarkt – und die haben eine Unmenge jahreszeitlich bedingte Artikel im Angebot.