Und hält damit die Müllgebühren stabil. Der Verkauf der „ollen Plünnen“ bringt eine sechsstellige Summe im Jahr

Norderstedt. Wenn die Norderstedter in diesen Tagen Post vom städtischen Betriebsamt bekommen, liegt im Umschlag nicht nur der alljährlich versendete Abfallkalender. In einem Extra-Umschlag steckt auch ein Kleidersack. Mit dem Kunststoffbeutel will die Verwaltung die Bürger animieren, noch intensiver als bisher Altkleider zu sammeln und weiterzugeben an das Gebrauchtwarenhaus Hempels, wenn es sich um gut erhaltene und tragbare Textilien handelt. Nicht gebrauchen können die Mitarbeiter Unterwäsche sowie nasse und schmutzige Textilien.

Alternativ können die ausrangierten Mäntel, Pullover und Hosen in die Sammelbehälter an den 19 Container-Standorten in der Stadt geworfen werden. Die Sammelplätze stehen im Abfallkalender. Wer die alten Klamotten loswerden will, sortiert zu Hause vor. Die guten Sachen finden bei Hempels Abnehmer, im Gebrauchtwarenhaus herrscht Bedarf: „Gute erhaltene Kleidung und Schuhe sind der Umsatzrenner“, sagt Martin Sandhof, Leiter des Betriebsamtes. Die Wiederverwendung sei der Königsweg.

Doch die Wiederverwertung, also das, was in den Sammelcontainern landet, ist dem Team des Betriebsamtes mindestens genauso willkommen, denn: Altkleider sind längst zu einem lukrativen Geschäft geworden. Und Sandhof spielt da mit offenen Karten: Mit dem Verkauf der Stoffe will die Stadt verhindern, dass die Müllgebühren steigen. Einen Anstieg haben Sandhof und Co bisher seit Jahren verhindern können, weil sie den Personaleinsatz optimiert und neue Einnahmequellen erschlossen haben.

Die „ollen Plünnen“ sind begehrt, lassen sie sich doch, so Sandhof, zu fast 100 Prozent wiederverwerten, Ausschuss fällt so gut wie nicht an. So werden aus geschredderten Stofffetzen zum Beispiel Dämmwolle, Putzlappen, Bodenmatten oder andere Bestandteilen von Inneneinrichtungen in Autos. Die Deutschen spenden mehr gut erhaltene Kleidung, als die sozialen Organisationen abnehmen können. So wird der Überschuss exportiert, da die Nachfrage ständig steigt. In Afrika und Osteuropa tragen die Menschen häufig lieber Secondhand-Kleidung aus Deutschland als billige Neuware aus Asien, haben Experten festgestellt.

Auch ökologisch seien Wiederverwendung und Recycling von Altkleidern sinnvoll. Dadurch würden wertvolle Ressourcen wie Baumwolle, Wasser und Chemikalien sowie Energie eingespart. Der Ausstoß von Schadstoffen werde verringert. Zudem entstünden auf dem Altkleidermarkt weltweit Hunderttausende Arbeitsplätze. Eingewandt wird von Kritikern allerdings, dass der Export von Altkleidung die regionale Textilwirtschaft in den ärmeren Ländern beeinträchtige.

In die Norderstedter Altkleider-Container gehören Bekleidung, Strickwaren, Bettwäsche, Federbetten, sonstige Textilien und Schuhe, die aber paarweise zusammengeschnürt sein müssen. Die Stadt leert die Container nicht selbst, sondern hat die Aufgabe einer externen Firma übertragen. Bisher kommen in der Stadt rund 500 Tonnen Altkleider im Jahr zusammen.

Betriebsamtschef Sandhof sieht hier noch viel Luft nach oben: „Das wird deutlich, wenn man weiß, dass wir immerhin 12.000 Tonnen Restabfall einsammeln.“ Sind Hosen zu kurz geworden, Röcke zu eng oder aus der Mode gekommen, oder platzt der Kleiderschrank aus allen Nähten, sollten die Norderstedter an den Wirtschaftskreislauf denken und die Alttextilien nicht einfach in den Hausmüll werfen.

Die Einnahmen aus dem Verkauf der Alttextilien seien ein wichtiger Baustein der Müllgebühren, es handele sich um einen sechsstelligen Betrag. Je nach Qualität bringt eine Tonne zwischen 200 und 500 Euro, ein lohnendes Geschäft, nicht nur für Norderstedt. Bundesweit werden jährlich rund 750.000 Tonnen Lumpen zu Geld gemacht.

Sandhof sieht die neue städtische Altkleider-Offensive nicht als Konkurrenz zum Roten Kreuz. In einer Stadt dieser Größe könnten beide problemlos nebeneinander bestehen. Sowohl die DRK-Kleiderkammer als auch das städtische Gebrauchtwarenhaus versorgten unter Federführung der städtischen Integrationsbeauftragten Heide Kröger Flüchtlinge mit Kleidung. Der Stadt sei bisher auch noch kein Protest des DRK zu Ohren gekommen.

Wer fünf und mehr Kleidersäcke füllt, kann sie auch abholen lassen und einen Termin über die Abfall-Hotline 040/53595800 vereinbaren. Neue Kunststoffbeutel gibt es bei Hempels an der Stormarnstraße 34–36 und im Rathaus.