Vor 30 Jahren nahmen 25.000 Norderstedter die Schaltzentrale mit einem großen Fest in Besitz. Daran erinnert der Heimatbund im neuen Jahrbuch

Norderstedt. Unbemerkt von den meisten Bürgern, für die es da ist, hat das Norderstedter Rathaus seinen 30. Geburtstag erlebt – keinen runden, der die Verwaltung zu einer Jubiläumsfeier veranlasst hätte. Aber einer ist über das „kleine Dienstjubiläum“ gestolpert: Peter Reimann, Vorsitzender des Heimatbundes Norderstedt, hat die Geschichte des roten Backsteinbaus Revue passieren lassen. Im neuen Jahrbuch des Heimatbundes beschreibt er, warum das neue Haus für die Verwaltung nötig wurde, und wie aus den Plänen schnell Realität wurde – und das, ohne die geplanten Kosten von 58 Millionen Mark zu überschreiten, was heute angesichts von Elbphilharmonie und Berliner Flughafen erstaunlich klingen mag.

Bis 1970, als Norderstedt gegründet wurde, hatte jede der vier Ursprungsgemeinden eine eigene Verwaltung: Bis 1958 hatte die Friedrichsgaber ihre Räume in einem Haus an der Ulzburger Straße 525/527, etwa in Höhe von Fliesen-Rolf. Doch da war nicht ausreichend Platz für die Sitzungen der Ausschüsse und der Gemeindevertretung. Die Politiker tagten im Gasthof Wenzel und blieben auch dort, nachdem die Mitarbeiter an die Bahnhofstraße umgezogen waren.

Die Garstedter Bauernvögte erledigten ihre Arbeiten auf ihren Höfen. Doch auch im ältesten Norderstedter Stadtteil nahm die Bevölkerung kontinuierlich zu, die Verwaltung war nicht mehr ehrenamtlich nebenbei zu schaffen. Von 1923 bis 1929 war das Rathaus im Gasthaus „Zum weißen Roß“ an der Ecke Ochsenzoller Straße/Alte Dorfstraße untergebracht. 1936 beschlossen die Verantwortlichen den Bau eines Rathauses, am 2. Juni 1938 wurde der Auftrag erteilt. Doch der Reichsarbeitsminister gab das Vorhaben erst am 15. Mai 1939 frei, da das Baumaterial zunächst für „kriegswichtige“ Projekte gebraucht wurde, wie Reimann schreibt. 1940 wurde der Neubau an der Ecke Ochsenzoller Straße/Hermann-Löns-Weg bezogen.

1965 baute die Gemeinde Glashütte ein Rathaus mit Sitzungssaal am Glashütter Kirchenweg, das heute von sozialen Einrichtungen genutzt wird. Die Gemeinde Harksheide erledigte ihre Amtsgeschäfte nach dem Zweiten Weltkrieg im ehemaligen Heim der Hitler-Jugend am Forstweg, hat der Autor recherchiert. Auch hier reichte der Platz nicht, 1961 bezog die Verwaltung den achtgeschossigen Neubau, der bis heute den Harksheider Markt überragt. Doch auch hier wurde es für die junge und schnell wachsende Stadt Norderstedt zu eng.

Mit dem Plan, auf der grünen Wiese den neuen Stadtteil Norderstedt-Mitte zu bauen, gab es auch die Chance für ein neues Rathaus, das fast in der geografischen Mitte der Stadt liegt. Politiker wie Verwaltungsspitze waren sich einig, dass Norderstedt diese neue Anlaufstelle auf neutralem Terrain für die Bürger braucht. Die Stadt könne nur zusammenwachsen, wenn die zersplitterten Verwaltungen zentralisiert werden. 1978 forderte die Stadt Architekten in einem Wettbewerb auf, Ideen für das neue „Hirn der Stadt“ zu entwickeln. Den Zuschlag erhielten Esau und Grisenberg aus Ahrensburg sowie Stabenow und Siemonsen aus Hamburg.

Und dann ging es Schlag auf Schlag: Am 3. September legte der damalige Bürgermeister Horst Embacher den Grundstein, am 9. September 1982 wurde Richtfest gefeiert. Rückschläge bremsten das Projekt: Im Winter 1982/83 verhinderte das Wetter an 130 Tagen die Arbeit. Im September setzten Brandstifter das Büro der Bauleiter in Flammen, alle Pläne, Rechnungen und andere Dokumente verbrannten. Aber es gab ja Duplikate, sodass der ehrgeizige Zeitplan gehalten werden konnte. Am 25. August weihten rund 25.000 Norderstedter ihr Rathaus, dass der damalige Innenminister Karl Eduard Claussen als „ihr Herzstück“ bezeichnete, mit einem großen Fest ein. 17.000 Quadratmater Nutzfläche waren entstanden, 1500 Tonnen Stahl und 700.000 Verblender verbaut worden für ein Bauwerk, das die Norderstedter inzwischen ganz selbstverständlich und gern nutzen, zumal es um VHS und Bücherei ergänzt wurde.

Außerdem gibt es im Jahrbuch ein weiteres Geburtstagskind: Harksheide ist 640 Jahre alt. Ein Garstedter erzählt, ist der Beitrag von Karl Wrage überschrieben, und Peter Reimann beschreibt den Geschichtspfad Glashütte. Das neue Jahrbuch gibt es für 10,90 Euro in allen Buchhandlungen.