Manchmal begreift man seine Umwelt erst richtig, wenn man mal durchzählt, Statistiken erstellt und Zertifikate verteilt.
Diese Woche war der Wald an der Reihe. Dem Rantzauer Forst bescheinigte man amtlicherseits per Urkunde Gesundheit und nachhaltige Bewirtschaftung. Das gilt aber bloß bis 2019 – dann müssen die Bäume wieder zum TÜV.
Die Statistik beweist auch: Schleswig-Holstein ist eines der waldärmsten Bundesländer. Trotzdem kommen hier auf jeden Einwohner noch ca. 560 Quadratmeter Waldfläche. Bei der Laubmenge, die ich letztes Wochenende von meinem Grundstück geharkt habe, glaube ich das sofort. Bäume sind wie Frauen: Im Herbst kurzentschlossen sämtliche Sommerkleider wegwerfen und im Frühling nichts anzuziehen. In Anbetracht der unausweichlichen Tatsache, dass dann ein weiterer Jahresring unterm Blätterkleid spannt, ist der alljährliche Erwerb einer kompletten Neugarderobe allerdings eine schlaue Taktik. Bliebe noch die Frage offen, ob die Frauen das von den Bäumen oder die Bäume von den Frauen gelernt haben – aber das kläre ich erst, wenn ich ein Stipendium dafür kriege.
Wenigstens bedienen sich Bäume stets gleicher Schnittmuster und Farbkombinationen. Man stelle sich vor, Holzgewächse entwickelten wechselnde Modetrends. Eichen stünden plötzlich nicht mehr in gekerbten Blättern da, sondern in klein und rund á la Birke. Aber nur diese Saison, denn nächstes Jahr geht die Eiche von Welt vielleicht á la Ahorn, falls das nicht zu sehr auf dem Stamm aufträgt. Ginge das erst mal los, würden Bäume zweifellos ganzjährig mit Farben experimentieren, bis endgültig keiner mehr weiß, ob noch Herbst oder doch schon Winter oder sonst was ist. Avantgardistisch veranlagte Bäume gierten alsbald nach nicht-pflanzlichem Design: Blätter in Form von Damenunterwäsche, zum Beispiel. Das Zeug läge dann im Herbst haufenweise auf Ihrem Rasen. Erklären Sie das mal Ihren Nachbarn. Oder Ihrer Frau.
Deshalb ist es besser, wir behalten unseren Wald amtlich unter Kontrolle. Der Rantzauer Forst ist gesund, wir atmen auf.
Jedenfalls bis 2019.